Neue Lkw-Maut-Aufschläge: Das sind die Neuerungen.
Das EU-Parlament hat sich mit großer Mehrheit für eine Änderung des EU-Gesetzes über Mauten, der Wegekostenrichtlinie, ausgesprochen, mit der erstmals Lkw-Maut-Aufschläge für Umwelt- und Gesundheitskosten des Schwerverkehrs in der EU erlaubt wären. Das wäre ein Fortschritt gegenüber der aktuellen Rechtslage, die nur die Berücksichtigung der Infrastrukturkosten für Straße, Brücken etc. erlaubt.
EU-Staaten müssen noch zustimmen
Im Folgenden einige Details
zu dem am Mittwoch im Europaparlament angenommenen Gesetzesentwurf, der
jetzt allerdings erst von den EU-Staaten akzeptiert werden muss. Die
Berechnung der Aufschläge soll eine unabhängige nationale Stelle
durchführen. Die Kommission muss diese genehmigen. Alle Aufschläge sind -
ebenso wie die Lkw-Maut selbst - freiwillig, müssen von den EU-Staaten also
nicht eingeführt werden.
ZIEL:
Die Wegekostenrichtlinie soll nicht das Klima schützen
oder Verkehrsströme lenken, sondern eine gemeinsame Rechengrundlage
schaffen. Damit soll verhindert werden, dass ausländische Frächter bei der
Lkw-Maut gegenüber inländischen diskriminiert werden bzw. EU-Staaten
unverhältnismäßige Hürden aufrichten, die den freien Personen- oder
Warenverkehr behindern. Rund drei Viertel des Gütertransports in der EU
entfallen derzeit - bei stark steigender Tendenz - auf die Straße.
ABGASE:
Der Straßenverkehr ist laut EU-Kommission für 75
Prozent der gesundheitsgefährdenden Stickoxide in der EU verantwortlich,
rund ein Viertel kommt vom Schwerverkehr. Daher sollen auf die normale Maut
künftig - je nach Lkw-Euro-Klasse und abhängig von der benützten Straße - 0
bis 16 Cent pro Kilometer für verkehrsbedingte Abgase - ohne CO2 -
aufgeschlagen werden.
LÄRM:
Anrainer von Stadtautobahnen leiden besonders am
Verkehrslärm, vor allem in der Nacht. Dementsprechend können die maximalen
Aufschläge in der Nacht fast doppelt so hoch sein, wie am Tag. Die
Obergrenzen variieren zwischen 2 und 1,1 Cent in urbanen Gebieten und 0,23
bzw. 0,13 Cent auf Überland-Autobahnen.
STAU:
Staus kosten die EU jährlich rund 1,1 Prozent der
Wirtschaftsleistung, schuld daran sind nicht zuletzt Lkw. Mit Aufschlägen in
Stoßzeiten von bis zu 65 Cent pro Kilometer will die EU-Kommission die
Frächter zu anderer Routenplanung bewegen. Außerhalb der Stoßzeiten sollen
die Mehrkosten hingegen maximal 20 Cent betragen. Auf entsprechend
belasteten Überland-Autobahnen sind Stauaufschläge zwischen maximal 2 und 7
Cent vorgesehen.
ALPENFAKTOR:
In Bergtälern herrschen laut Experten völlig
andere Bedingungen als in offenen Landschaften: Wegen der Kessellage pflanzt
sich der Schall anders fort, durch häufige Inversionswetterlage bleiben
Schadstoffe deutlich länger in der Luft, wegen des Anstiegs der Straßen
verändert sich das Lkw-Fahrverhalten. Darauf soll laut Entwurf bei der
Berechnung der Aufschläge Rücksicht genommen werden: Unter entsprechenden
Bedingungen darf der Abgas-Zuschlag verdoppelt werden. Der Lärmaufschlag
dürfte sogar verfünffacht werden, was bei Tag 0,65 Cent, in der Nacht 1,1
Cent bringen würde. Laut Modellrechnungen von Experten wird der Alpenfaktor
eine Verteuerung der Maut auf etlichen Autobahnen vor allem in
Westösterreich um 27 bis 28 Prozent möglich machen.
BRENNER:
Der Brenner ist ein Sonderfall, weil auf dieser
Strecke schon jetzt ein Aufschlag von 25 Prozent verrechnet wird. Dieser
dient zur Finanzierung des Baus einer Alternative zur Pass-Straße, konkret
des Brenner-Basistunnels für die Bahn. Nach der Vorstellung des Parlaments
sollen dort auch externe Kosten aufgeschlagen werden können. Die Kommission
wollte eine solche "Addition" nicht zulassen".