0,5 Prozent Minus

Die Rezession ist da

19.12.2008

Das WIFO prophezeit einen Rückgang des BIP um 0,5%, das IHS hingegen geht von "nur" 0,1 % aus. Die Arbeitslosigkeit wird steigen.

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Auch Österreich ist nun voll in den Sog der weltweiten Wirtschaftskrise geraten, unsere Wirtschaft wird im kommenden Jahr schrumpfen - darüber sind sich die beiden Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS einig. Unklar ist noch das Ausmaß der Rezession: Während das Wifo für 2009 einen Rückgang des BIP um real 0,5 Prozent erwartet, geht das Institut für höhere Studien lediglich von einem Rückgang um 0,1 Prozent aus und spricht lieber von einer "Stagnation" der Wirtschaft. Damit malen beide Institute die heimische Wirtschaftslage weitaus rosiger als im Vergleich der westlichen Industrieländer: Die Wirtschaft im OECD-Raum dürfte dem Wifo zufolge 2009 um 1,3 Prozent schrumpfen, im Euro-Raum um 1,2 Prozent.

Erholung in der zweiten Jahreshälfte
Aber schon in der zweiten Jahreshälfte 2009 wird nach Ansicht der österreichischen Wirtschaftsforscher eine Erholung einsetzen. Das Wifo rechnet für 2010 mit einem leichten BIP-Wachstum in Österreich von 0,9 Prozent, während die IHS-Experten auch hier optimistischer sind und ein kräftigeres Wachstum von 1,3 Prozent erwarten. Im laufenden Jahr 2008 wächst Österreichs Wirtschaftsleistung noch um 1,8 Prozent (laut Wifo/IHS).

Arbeitslosigkeit steigt
Obwohl das Wifo im Hinblick auf die BIP-Entwicklung etwas pessimistischer ist als das IHS, sehen die Wifo-Experten die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in weniger düsteren Farben: Demnach wird die Arbeitslosenrate nach österreichischer Berechnungsmethode von heuer 5,8 Prozent im kommenden Jahr auf 6,5 Prozent steigen und 2010 auf 6,9 Prozent. Nach IHS-Erwartungen steigt die Arbeitslosenquote ausgehend von 5,8 Prozent im Jahresdurchschnitt 2009 auf 6,4 Prozent und wird 2010 dann 6,8 Prozent betragen. Für die Arbeitslosenquote laut Eurostat-Definition werden Werte von 3,5 Prozent, 4,1 Prozent und 4,7 Prozent erwartet - die entsprechenden Wifo-Erwartungen liegen bei 3,5 Prozent, 3,9 Prozent und 4,1 Prozent.

Privater Konsum unbeeindruckt
Was die privaten Konsumausgaben betrifft, zeigen sich die Österreicher in der Hochrechnung der Wirtschaftsforscher von der Rezession offenbar völlig unbeeindruckt: Der Konsum wird laut Wifo wie im vergangenen und im laufenden Jahr auch 2009 und 2010 um jeweils 1 Prozent real zunehmen. Laut IHS konsumieren die Österreicher heuer um 1,1 Prozent mehr als 2007 und werden 2009 sogar um 1,4 Prozent und 2010 um 1,1 Prozent mehr ausgeben.

Das einstige Schreckgespenst Inflation hat seinen Schrecken inzwischen verloren. Der Anstieg der Verbraucherpreise beträgt heuer 3,2 Prozent, 2009 wird die Teuerung nur 1,2 Prozent (Wifo) bzw. 1,5 Prozent (IHS) betragen und 2010 leicht auf 1,5 Prozent (Wifo) bzw. 1,7 Prozent (IHS) steigen. Die Institute erläutern in einer Pressekonferenz in Wien heute Mittag ihre Vorhersagen.

Defizit könnte 2010 auf 3,7 Prozent explodieren
Die Wirtschaftsforscher sind skeptisch, dass die von der Regierung gegenüber der EU angekündigten Defizitziele halten. Auf bis zu 3,7 Prozent könnte die Neuverschuldung im Jahr 2010 anwachsen.

Die von der österreichischen Regierung angekündigte Steuerreform hält IHS-Chef Bernhard Felderer für "grundsätzlich richtig" - sie werde 2009 einen Wachstumseffekt von 0,5 Prozentpunkten haben, ohne die Reform würde das BIP um 0,6 Prozent schrumpfen.

"Zuviel Feuerwehr, zu wenig Strategie"
Nicht ganz so eindeutig fällt das Lob von Wifo-Chef Karl Aiginger für die Wirtschaftspolitik insgesamt aus - er sieht darin "zuviel Feuerwehr, zu wenig Strategie". Die europäische Politik habe zwar prinzipiell richtig reagiert, aber nicht schnell genug. In Österreich sei das Bankenpaket zwar beschlossen, aber noch nicht umgesetzt, das gelte auch für das Konjunkturpaket. Die Steuerreform werde zwar Mitte 2009 rückwirkend beschlossen werden, "aber von Jänner bis Mai haben die Leute kein Geld".

Die Budgetdefizite in Höhe von 2,2 Prozent für 2009 und 2,9 Prozent für 2010, die Österreich nach Brüssel gemeldet hat, hält Felderer für illusorisch: "Das wird sicher nicht halten."

Realistischer sei für 2009 ein Defizit von mindestens 2,5 Prozent. 2010 sei mit einem starken Einbruch der Körperschaftsteuer (KöSt) zu rechnen - und schon 2009 bei der Kapitalertragssteuer (KESt). Das Budgetdefizit werde daher 2010 eher 3,3 Prozent betragen, möglicherweise sogar 3,7 Prozent.

Vor wenigen Tagen erst hat die Oesterreichische Nationalbank vorausgesagt, dass durch Konjunkturpakete und Steuerreform das Defizit in Österreich bis auf 3,4 Prozent im Jahr 2010 steigen könnte. Damit würde die Maastricht-Grenze von 3 Prozent überschritten.

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