BAWAG-Prozess
Die Urteilsbegründung der Richterin
04.07.2008
Richterin Claudia Bandion-Ortner begründete die Urteile im BAWAG-Prozess ausführlich. Hier lesen Sie Auszüge davon.
- Helmut Elsner hat als BAWAG-Vorstand die ihm eingeräumten Befugnisse wissentlich missbraucht und der Bank einen Vermögensnachteil von 1,72 Mrd. Euro zugefügt
- Johann Zwettler hat als Vorstandsmitglied seine Befugnisse, über das Vermögen der BAWAG zu verfügen, wissentlich missbraucht und im Zusammenwirken mit Elsner der Bank einen Vermögensnachteil von 1,63 Mrd. Euro zugefügt.
- Elsner habe Verluste unrichtig dargestellt, Kredite seien "technisch zerlegt" worden, obwohl es sich um genehmigungspflichtige Großveranlagungen gehandelt habe. Damit sei suggeriert worden, es handle sich um "ein sicheres Geschäft", obwohl Elsner bekannt war, "dass Flöttl in hochriskante Papiere investiert".
- Der Bankvorstand habe behauptet, es habe sich um keine Spekulationsgeschäfte gehandelt. Dabei sei Elsner bekannt gewesen, dass Wolfgang Flöttl hohe Risiken eingegangen sei.
- Elsner habe durch Täuschung weitere Kreditmittel erschlichen.
- Elsner habe verlangt, dass Flöttl "aggressiv und risikoreich" veranlagt.
- Peter Nakowitz habe u.a. durch seine Protokollführung, Mitwirkung und Anwesenheit bei Sitzungen zur Ausführung strafbarer Handlungen beigetragen.
- Wolfgang Flöttl habe Kreditmittel in unterschiedlicher Höhe aufgenommen, obwohl die Rückzahlung dieser Kredite unwahrscheinlich war. Flöttl habe gewusst, "dass Elsner dies wusste und entgegen diesem Wissen gehandelt hat".
- Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner selbst habe im Konsum-Prozess darauf hingewiesen, dass Banken laut Kreditwesengesetz eine besondere Sorgfalt anzuwenden hätten, daran habe man sich zu halten. Etwa eine Stunde später habe er laut Vorstandsprotokoll Flöttl weitere Millionen Euro zur Spekulation überlassen.
- Elsner und Flöttl hätten enge Beziehungen zueinander unterhalten, ein freundschaftliches, fast familiäres Verhältnis. Es sei sehr unwahrscheinlich, dass dabei nicht auch über Geschäfte gesprochen worden sei.
- Elsner sei bewusst gewesen, dass das Risiko immens ist, aber die Gewinnbeteiligung war nicht besonders hoch.
- Der bedingte Vorsatz ist gegeben gewesen. Wie bei einem Spieler im Casino, der ja auch in Kauf nimmt, dass Rot kommt und nicht Schwarz.
- Nach dem ersten großen Verlust mussten die anderen ins Boot geholt werden. Der Verlust war für beide gleich peinlich. Es war eine symbiotische Beziehung. Der Deal war folgender: Flöttl erhält neue Mittel und hilft zugleich der Bank zu bilanzieren.
- So genau wollten es die anderen auch gar nicht wissen, Hauptsache man kann bilanzieren. "Augen zu und durch" hat es (Ex-BAWAG-Chef Johann) Zwettler einmal genannt.
- Hubert Kreuch und Josef Schwarzecker hätten ihre Befugnis, über das Vermögen der BAWAG zu verfügen, "wissentlich missbraucht" und damit der Bank Schaden zugefügt.
Die Richterin zum Urteilsspruch: "Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht und unbeeinflusst getroffen, das garantiere ich. Wir haben uns auch viel Zeit dafür genommen."
Weitere Artikel