Die Beamtengewerkschaft ist verärgert über die "Nicht-Wahl" Neugebauers und gliedert sich als Zweigverein aus.
Der Neustart des ÖGB ist gründlich missglückt. Fritz Neugebauer, Chef der Beamtengewerkschaft, reagierte scharf auf das Nein der ÖGB-Delegierten zu seiner Person bei der Wahl des Vorstandes. Es handle sich um eine "akkordierte Aktion der sozialistischen Gewerkschafter, die sich diese wohl nicht wirklich überlegt haben". Als erste Konsequenz werde die Beamtengewerkschaft laut Neugebauer die neu geschaffene Teilrechtsfähigkeit anwenden.
Damit wird die GÖD ein Zweigverein neben dem Hauptverein ÖGB. Eine konkrete Abspaltung vom ÖGB bedeutet dies zwar noch nicht, aber nicht nur die Finanzverhandlungen zwischen ÖGB und GÖD werden dadurch schwieriger. Denn durch mehr Eigenständigkeit in finanziellen Belangen werde die ganze Finanzierung und der Aufbau des Gewerkschaftsbundes in Frage gestellt, bestätigen Kenner des ÖGB. Der Zusammenschluss einzelner Gewerkschaften zu großen Blöcken tut ihr übriges.
Außerdem lodert schon seit langem im Hintergrund ein Finanzstreit. Auch die GÖD beklagt vehement, dass sie einen überproportionalen Anteil an der Finanzierung des Gewerkschaftsbunds tragen. Ein neues Finanzmodell lässt aber immer noch auf sich warten.
Haftungsfrage
Eine "Zersplitterung" der
Gewerkschaftsbewegung sieht Neugebauer nicht. Die neuen Statuten würden ja -
auf Drängen der GÖD - die Teilrechtsfähigkeit vorsehen. Neugebauer brachte
in diesem Zusammenhang auch die Causa Bawag aufs Tapet: Derzeit müssten "alle
dafür haften", dass Teile der Zentrale kriminelle Handlungen
gesetzt haben. Mit der Vereinslösung von Haupt- und Zweigvereinen "werden
die Haftung die übernehmen, die entsprechend schlecht arbeiten, und nicht
alle in den Sumpf hineinziehen".
Gespräch mit Hundstorfer
Für den ÖGB-Präsidenten Rudolf
Hundstorfer ist eine Kooptierung des beim ÖGB-Kongress in der Vorstandswahl
gescheiterten Beamtengewerkschafts-Chefs Fritz Neugebauer (V) "jederzeit
möglich". Neugebauer hat am Donnerstag über seinen Sprecher
angekündigt, dass er die angebotene Kooptierung in den Vorstand nicht
annehmen werde. Für Freitag ist ein Treffen der beiden Gewerkschafter
geplant. Dass Neugebauer ausgerechnet während des Kongresses in Straßburg
war, kommentierte Hundstorfer bei einer Pressekonferenz mit: "Es kann
sein, dass sich das zeitliche Zusammentreffen nicht so gut ausgewirkt hat."
Sensation am ÖGB-Kongress
Der ÖGB-Kongress war Mittwoch
Abend nach drei Tagen zu Ende gegangen. Rudolf Hundstorfer wurde plangemäß
nun auch zum ordentlichen Präsidenten gewählt, dafür gab es hinter ihm ein
historisches Scheitern. Die als Vizepräsidentin kandidierende Renate
Csörgits (SPÖ) verfehlte ebenso die notwendige absolute Mehrheit wie eben
Beamten-Chef Neugebauer (ÖVP), der um einen Platz im Vorstand antrat.
Entsprechende Wahldebakel waren in der ÖGB-Geschichte bisher unbekannt.
Neugebauer fehlte
Sowohl bei Neugebauer als auch bei Csörgits
hatten sich schwache Ergebnisse schon angedeutet, dass es aber so weit
kommt, war letztlich doch ein wenig überraschend. Den GÖD-Chef zu Fall
brachte letztlich wohl ein sozialdemokratischer Vida-Gewerkschafter namens
Robert Hebenstreit, der kurz vor der Wahl unter heftigem Applaus der
Delegierten anprangerte, dass Neugebauer dem Kongress unentschuldigt
ferngeblieben war. Letztlich blieb der Beamtenchef dann sogar unter 40
Prozent.