Gegenstand der Ermittlungen ist der Verdacht auf Betrug und Untreue, es gilt die Unschuldsvermutung.
Die Wirtschaftspolizei hat am Dienstag Durchsuchungen in Büros der Immofinanz und Immoeast begonnen, auch in der Constantia Privatbank suchten die Behörden nach Unterlagen. Es geht um das komplizierte Unternehmensgeflecht der Immofinanz-Gruppe und um umstrittene Finanztransaktionen.
Bilanzfälschungs-Verdacht
"Ich kann bestätigen, dass
es Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit der Constantia
Privatbank/Immofinanz gibt", sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft
Wien, Gerhard Jarosch. Über den Umfang der Aktionen wollte er nichts sagen.
Im Zentrum stehe der Verdacht auf Bilanzfälschung bei der Constantia Bank.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit kurzem in Sachen Constantia Bank wegen des Verdachts auf Bilanzmanipulation.
Klare Vorgaben bei der Suche
Als die Beamten am Dienstag
Immofinanz/Immoeast und Constantia Bank aufsuchten, um Beweismittel zu
sammeln, hatten sie klare Vorgaben, hieß es von informierter Seite. Der
staatsanwaltlichen Aktion waren Einvernahmen von Beschuldigten
vorangegangen. Die Justiz bedient sich bei ihren Untersuchungen auch der
Experten der Aufsichtsbehörden. Die Beteiligten der Wirtschaftspolizei waren
wie immer in zivil unterwegs.
"Vergangenheitsbewältigung"
In den neuen
Führungsetagen der Immofinanz und der Constantia Bank betonte man am
Dienstag unisono, dass es sich bei der heutigen Hausdurchsuchung um "Vergangenheitsbewältigung"
handle, die man voll unterstütze. Alle seien an umfassender Klärung
interessiert, "nur so können die Unklarheiten der
Unternehmensvergangenheit aufgearbeitet werden", erklärte der neue
Immofinanz-Chef Thomas Kleibl.
In der Constantia Bank in der Wiener Bankgasse waren die Beamten nach 14 Uhr noch vor Ort. Nach Informationsaufnahmen in verschiedenen Räumen des kleinen Geldinstituts zogen sie sich mittlerweile in ein abgelegenes Besprechungszimmer zurück, in dem die angeforderten Unterlagen und Kontodateien im Zusammenhang mit dem Immofinanzkomplex durchforsten.
Von fünf Großbanken aufgefangen
Die Constantia Bank
musste vor wenigen Wochen von fünf Großbanken und Notenbank (und einer
Staatsgarantie für eine Kreditlinie) aufgefangen werden. Der seit Anfang
November amtierende neue Bank-Vorstand Andreas Grünbichler erklärte am
Dienstag, dass er die aktuellen Untersuchungen "umfassend unterstützt".
Auch er hofft, dass mit diesen Untersuchungen die offenen Fragen rasch
geklärt werden.
Petrikovics als Zentralfigur
Als Zentralfigur um dubiose
Geldflüsse innerhalb der Gruppe um Immofinanz/Immoeast/Ibag/Constantia Bank
gilt wie berichtet der langjährige Manager Karl Petrikovics, der lange Zeit
sowohl die Constantia Bank als auch die beiden börsenotierten Immofirmen in
Personalunion geleitet hatte. Bis zum heurigen Sommer hatte er in der
Bankgasse seine Büros.
Wer hat Überweisungen getätigt?
Das heutige Managment
sowohl der Immofinanz-Gruppe als auch der Constantia Privatbank neigt der
Ansicht zu, dass Petrikovics die umstrittenen Überweisungen getätigt bzw.
veranlasst hat. Petrikovics stellt das in Abrede. Der soeben abgelöste
Finanzvorstand der Immofinanz, Christian Thornton, soll wiederum für die "Ibag"-Konten
zeichnungsberechtigt gewesen sein.
520 Mio. Euro "verschwunden"
Hintergrund der
Bilanzfälschungsvorwürfe und damit der aktuellen Durchuchungsaktionen sind
520 Mio. Euro aus einer Kapitalerhöhung der Immoeast 2007, deren Verbleib
ungeklärt ist. Wie berichtet, sollen ursprünglich rund 900 Mio. Euro an die
angeblich unabhängige Immofinanz Beteiligungs AG überwiesen worden sein, die
bisher etwa zur Hälfte rückgeführt worden seien. Eine für Ende Oktober
angepeilte weitere Rate von 180 Mio. Euro sei ausgeblieben.
Haftungserklärung
Die Constantia Packaging BV, die
niederländische Muttergesellschaft des gleichnamigen Industrieunetrnehmens
Constantia Packaging hat eine Haftungserklärung für die offene Summe
abgegeben, deren rechtliche Verbindlichkeit sie allerdings abstreitet. Die
neue Führung der Immofinanz-Gruppe hingegen erklärte, die Haftung an der
Constantia BV in Anspruch nehmen zu wollen.
In den derzeitigen Ermittlungen ist deshalb u.a. zu klären, wer die Überweisungen der Immoeast an die Immofinanz Beteiligungs AG veranlasst hat, von der dann die Gelder an drei weitere Constantia-Firmen weiter geflossen sein dürften. Auf diese Weise sollen Immoeast-Aktien um 10 Euro aufgekauft worden sein, die freilich bis heute weitgehend wertlos geworden wären.
Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.