Die Benachteiligung der Frauen bei der Bezahlung steigt mit dem Bildungsniveau.
Bildung schützt Frauen nicht vor ungleicher Bezahlung: Auch unter gleich gut ausgebildeten Erwerbstätigen verdient das weibliche Geschlecht weniger als die männlichen Kollegen. Dabei wird der Abstand bei höheren Bildungsstufen größer, erklärt Sybille Pirklbauer, von der Arbeiterkammer. Ein Drittel des Lohnunterschieds lasse sich außerdem nicht durch objektive Faktoren - etwa andere Bildung oder Arbeitszeit - erklären.
Unterschied in Ö am zweitgrößten
Generell würden
Frauen immer noch um 40 Prozent weniger verdienen als Männer, so Pirklbauer.
"Selbst wenn sie das ganze Jahr in Vollzeit arbeiten, haben sie noch immer
einen Nachteil von 22 Prozent." Innerhalb der EU liegt Österreich bei der
Einkommensschere auf dem zweiten Platz - nur in Estland ist sie noch größer.
Mehr Bildung vergrößert Schere
In den vergangenen zehn
Jahren hat sich die Einkommensschere laut der AK-Expertin auch kaum
verändert: "Früher hat man die Hoffnung darauf gesetzt, dass der
Einkommensnachteil der Frauen verschwinden würde, wenn sie erst einmal
gleich gut gebildet sind wie die Männer - das ist leider nicht der Fall."
Schuld daran sei einerseits die stark gestiegene Teilzeitbeschäftigung -
mittlerweile arbeiten vier von zehn erwerbstätigen Frauen Teilzeit.
Andererseits sei Bildung kein Garant für gleiche Bezahlung: "Besser
ausgebildete Frauen verdienen zwar mehr als schlecht ausgebildete, aber der
Abstand zu gleich gut gebildeten Männern wird bei den höheren Bildungsstufen
größer."
Frauen müssen besser sein
So beträgt der Abstand im Bereich
der Pflichtschulabschlüsse rund 20,3 Prozent, der Lohnunterschied bei
Akademikern liegt hingegen bei rund 27,4 Prozent. Haben Frauen einen
Abschluss einer Berufsbildenden Höheren Schule (BHS), verdienen sie im
Durchschnitt sogar um rund 33,9 Prozent weniger als gleich ausgebildete
Männer. Das liege daran, dass Frauen oft nicht in adäquaten Positionen
eingesetzt würden, also etwa eine Akademikerin als Sekretärin arbeiten
müsse. Vor allem in der Führungsebene zeige sich außerdem, dass Frauen für
den gleichen Job besser qualifiziert sein müssten als Männer, so Pirklbauer.
Branche - Kinder - Teilzeit - Netzwerk
Gründe dafür, dass die
Einkommensschere überhaupt existiert, gebe es viele: Tendenziell würden
Frauen öfter in Branchen und Berufen arbeiten, die generell schlechter
bezahlt sind. Auch seien es die Frauen, die ihre Karriere wegen eines Kindes
unterbrechen. Nach der Babypause, so Pirklbauer, sei eine
Teilzeitbeschäftigung oft die einzige Möglichkeit, um Beruf und Familie zu
vereinbaren. Hinzu kommt, dass das weibliche Geschlecht "größere Hürden beim
beruflichen Aufstieg" habe. Zum Teil herrsche noch immer die Meinung, dass
Frauen für Führungspositionen nicht kompetent oder geeignet genug wären,
kritisiert die Expertin. Aber auch Vernetzungen, sogenannte
"Männerseilschaften", scheinen laut Pirklbauer eine Rolle zu spielen.
Immerhin ein Drittel des Lohnunterschieds ließe sich nicht durch objektive Faktoren erklären - ein "Hinweis" auf das Phänomen Frauenfeindlichkeit. Kalkül hinter ungleicher Bezahlung erkennt Pirklbauer aber nur bei einer "kleinen Minderheit" der Unternehmen. Das eigentliche Problem sei die fehlende Auseinandersetzung mit dem Thema. "Es ist wichtig, Bewusstsein zu schaffen", die AK trete deshalb für Transparenz der Einkommen auf betrieblicher Ebene ein.
Um "erkennbare Erfolge" bei der Schließung der Einkommensschere zu erzielen, sei aber eine Reihe weiterer Maßnahmen nötig, erläuterte Pirklbauer: Junge Frauen müssten für eine nicht-traditionelle Berufswahl sensibilisiert werden, außerdem müssten die partnerschaftliche Teilung der Betreuungspflichten sowie der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen gestärkt werden. Eine Förderung von Teilzeitbeschäftigung in qualifizierten und führenden Positionen könnte sich ebenfalls positiv auswirken, glaubt die Expertin.