Der weit überteuerte Kauf der Kärntner Hypo beschert den Bankmanagern juristischen Ärger.
In der Affäre um den Kauf der Kärntner Hypo Group Alpe Adria durch die Bayerische Landesbank im Mai 2007 gerät der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) zunehmend in Bedrängnis. Ein am Donnerstag sowohl von Fahrenschon wie den Landtags-Grünen veröffentlichter Bericht der Wirtschaftsprüferin Corinna Linner vom 27. Mai 2009 wirft den damals Verantwortlichen BayernLB-Vorständen wie -Aufsichtsräten mangelnde Sorgfalt beim Kauf der österreichischen Bank vor. Die bayerischen Grünen kündigten Strafanzeigen gegen alle damals verantwortlichen Vorstände an.
Protokollerklärung als Persilschein
Fahrenschon hatte
kurzfristig eine Pressekonferenz angesetzt, nachdem die Grünen die
Veröffentlichung der Unterlagen angekündigt hatten. Dabei legte der
CSU-Politiker eine "Protokollerklärung" der Wirtschaftsprüferin vor, wonach
die Wertungen in ihrem kritischen Bericht nach einer Debatte im
Verwaltungsrat der BayernLB "obsolet" geworden seien. "Konsequenzen sind
daher m.E. nicht angezeigt", heißt in es Linners Erklärung. Man habe die
Wirtschaftsprüferin offensichtlich einem "realsozialistischen Ritual der
Selbstkritik" unterzogen, kommentierte der Grünen-Landtagsabgeordnete Sepp
Dürr.
Nicht ausreichend geprüft
Fahrenschon selbst hatte
Wirtschaftsprüferin Linner Anfang dieses Jahres mit der Prüfung
verschiedener Vorgänge in der BayernLB beauftragt. Die Bank hatte zuvor vom
Freistaat Bayern mit einer Kapitalspritze von 10 Milliarden Euro vor dem
Zusammenbruch bewahrt werden müssen. In ihrem Bericht zum "Themenkomplex
Beteiligungserwerb HGAA" macht Linner Vorstand und Verwaltungsrat der
BayernLB den Vorwurf, den Kauf der HGAA für knapp 1,7 Mrd. Euro überhastet
und ohne ausreichende Prüfung und Bewertung der Risiken abgewickelt zu haben.
Kaufpreis weit überhöht
Linner nimmt dabei auch auf
einen "Due Diligence"-Ergebnisbericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Ernst & Young Bezug, demzufolge der dem Kaufpreis zugrunde gelegte
Gesamtwert der HGAA mit 3,24 Mrd. Euro um mehr als 800 Millionen Euro
überhöht war. Die BayernLB hätte demnach für 50 Prozent der Anteile plus
eine Akte nicht knapp 1,7 Mrd. Euro, sondern nur etwas über 1,2 Milliarden
Euro bezahlen dürfen.
Ermittlungen gegen Berlin?
Dieser Ansicht ist auch die
Staatsanwaltschaft München I. Sie ermittelt schon seit Wochen gegen den
ehemaligen BayernLB-Vorstandsvorsitzenden Werner Schmidt wegen des Verdachts
der Untreue wegen eines um 400 Millionen Euro überhöhten Kaufpreises. Es
werde höchste Zeit, dass auch Ermittlungen gegen den Fondsmanager und
vorübergehenden HGAA-Vorstandsvorsitzenden Tilo Berlin eingeleitet würden,
sagte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Eike Hallitzky.
Eigener finanzieller Gewinn
Berlin und Schmidt, die sich aus dem
Vorstand der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) kennen, haben nach Ansicht
Hallitzkys den BayernLB-HGAA-Deal maßgeblich eingefädelt. Zumindest Berlin
habe davon erhebliche finanzielle Vorteile gehabt. Hallitzky bezifferte den
Gewinn des von Berlin verwalteten Fonds durch den HGAA-Kauf auf 140
Millionen Euro.
Es hagelt Strafanzeigen
Hallitzky kündigte darüber hinaus
Strafanzeigen gegen sämtliche Mitglieder des damaligen BayernLB-Vorstands
an, dem auch der jetzige Vorstandsvorsitzende Michael Kemmer angehörte. Die
Bankmanager hätten den Kaufvertrag zugestimmt, obwohl ihnen die warnenden
Ergebnisse der "Due Diligence"-Überprüfung der HGAA bekannt gewesen seien.
"Katze im Sack gekauft"
Strafanzeigen auch gegen die
Mitglieder des damaligen Verwaltungsrats schloss der Grünen-Politiker nicht
aus. Dies käme dann in Frage, wenn man auch den Mitgliedern des
Aufsichtsgremium die Kenntnis des Ernst & Young-Berichts nachweisen. Die
damaligen Verwaltungsräte, unter ihnen Ex-Landesfinanzminister Kurt
Faltlhauser (CSU) und Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) hätten
"die Katze im Sack gekauft und absichtlich den Sack nicht geöffnet", sagte
der Abgeordnete Dürr. An dieser Feststellung ändere auch die
"Unterwerfungserklärung" der Wirtschaftsprüferin Linner nichts.
Dem amtierenden Finanzminister Fahrenschon warfen die Grünen vor, auf Zeit zu spielen und nach dem Vorbild seiner Amtsvorgänger immer nur zu bewegen, wenn er von der Opposition gezwungen werde. Außerdem behaupte Fahrenschon immer noch wahrheitswidrig, dass der Kauf der HGAA aus damaliger Sicht in Ordnung gewesen sei.
Alle Informationen und Ergebnisse der damaligen Prüfungen seien in den Abwägungsprozess beim Kauf der HGAA eingeflossen, betonte hingegen Minister Fahrenschon. Der Verwaltungsrat habe sich vor der Unterzeichnung des Kaufvertrags eingehend mit den Risiken auseinandergesetzt. Dies habe man in einer Verwaltungsratssitzung im Juli dieses Jahres auch der eingesetzten Wirtschaftsprüferin Linner dargestellt.
Das Ergebnis dieser Debatte sei gewesen, dass Frau Linner zu einem "anderen Schluss" gekommen sei und die in ihrem Bericht vom 27. Mai 2009 erhobenen Vorwürfe nicht mehr erhoben habe, berichtete Fahrenschon. Damit sei "die Debatte als abgeschlossen zu werten". Jede Spekulationen über einen Zusammenhang zwischen dem kritischen Bericht Linners und dem Ende ihrer Prüftätigkeit entbehrten jeder Grundlage.