Die Finanzminister der Euro-Zone bangen angesichts der steigenden Inflation um die Konjunktur.
"Die Verlangsamung des Wachstums ist definitiv eine Sorge", sagte die französische Finanzministerin und EU-Ratsvorsitzende Christine Lagarde am Montag in Brüssel. Die Euro-Länder müssten versuchen, das Wachstum zu stützen und gleichzeitig die Preise zu stabilisieren, sagte Lagarde. "Wir müssen an beiden Fronten handeln."
EZB bereits gehandelt
Gehandelt hat bereits die Europäische
Zentralbank (EZB), die den Leitzins vergangene Woche um 25 Basispunkte auf
4,25 Prozent anhob, um den Preisanstieg zu dämpfen. Die Teuerungsrate liegt
in der Euro-Zone inzwischen bei vier Prozent und ist damit doppelt so hoch
wie es die EZB für vertretbar hält.
Scharfe Kritik von Sarkozy
In Frankreich, das im Juli die
EU-Ratspräsidentschaft übernahm, erntete die EZB scharfe Kritik. Präsident
Nicolas Sarkozy warf der Notenbank vor, den Euro damit noch mehr zum Dollar
zu verteuern und die Exportwirtschaft in die Knie zu zwingen. Lagarde legte
nach und sagte einer Zeitung, sie sei mit dem Schritt der EZB nur "halbwegs
zufrieden". Bei einem Zins von 4,25 Prozent im Euro-Raum gegenüber 2,0
Prozent in den USA bleibe der Euro zum Dollar überbewertet. Frankreich
beklagt die anhaltende Euro-Stärke schon länger als Belastung seiner
Wirtschaft.
Auch auf Konjunktur Rücksicht nehmen
Auch der deutsche
Finanzminister Peer Steinbrück hatte die EZB gemahnt, auf die Konjunktur
Rücksicht zu nehmen. Allerdings betrachtet er die Inflation, die die EZB
bekämpfen will, als größte Gefahr für das Wachstum, wie er der "Financial
Times" (FT) vom Montag sagte. Die steigenden Preise könnten die
Inlandsnachfrage in Deutschland belasten. Doch trotz der Risiken rechne er
mit einem "sehr guten" Wachstum in Deutschland in diesem Jahr. Die deutsche
Bundesregierung erwartet für dieses Jahr einen Zuwachs der
Wirtschaftsleistung um 1,7 Prozent. Diese Rat sagt die EU-Kommission auch
für die 15 Länder des Euro-Raums voraus.
Höhere Inflation als prognostiziert
EU-Währungskommissar
Joaquin Almunia hatte jüngst erklärt, wegen des drastischen Ölpreisanstiegs
werde die Inflationsrate in diesem Jahr wohl höher ausfallen als Ende April
mit 3,2 Prozent prognostiziert. Der Preis für ein Barrel (je 159 Liter)
Rohöl eilt derzeit von Rekord zu Rekord. In der vergangenen Woche lag er bei
fast 145 Dollar (92,6 Euro). Frankreich treibt die Diskussion darüber voran,
wie die EU-Länder auf die wachsende Belastung für Wirtschaft und Verbraucher
reagieren soll. Sarkozy hatte vorgeschlagen, die Mehrwertsteuereinnahmen von
Öl den Konsumenten zurückzuzahlen. Doch viele andere EU-Länder sind gegen
einen solchen Schritt, auf den die Ölkonzerne mit neuen Preiserhöhungen
reagieren könnten.
Auch Steinbrück sagte, er sei gegen Frankreichs Vorschlag. Die Regierungen sollten nicht die notwendige Anpassung an langfristig steigende Ölpreise verhindern. Die richtige Antwort sei ein effizienterer Energieeinsatz.