Sieben Monate war die europäische Gemeinschaftswährung in Lethargie, nun nimmt sie rasant die 1,30-Dollar-Rekordmarke.
Das Euro-Allzeithoch von 1,36 Dollar vom Jahresende 2004 ist damit in greifbare Nähe gerückt.
Nervosität bei Finanz-Politikern
Insbesondere in Frankreich
fürchten Politiker negative Folgen für die Wirtschaft. Die exportstarken
deutschen Unternehmen sehen zwar ihre Margen schrumpfen, weil ein schwacher
Dollar die Exporte in andere Währungsräume verteuert und die Waren sich
damit schwerer verkaufen lassen. Einen Anlass zur Sorge sehen sie darin aber
nicht. Der Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) nimmt zu, ihren
Zinserhöhungskurs im nächsten Jahr zu stoppen.
Der Euro hat noch Potenzial
"Die Wirtschaftsdaten könnten dem
Dollar in den nächsten Wochen das Genick brechen", sagt Devisenexperte Mario
Mattera vom Bankhaus Metzler. "Diesmal wird es aber langsamer als bei der
Rallye Ende 2004 laufen." Der Euro notierte am Dienstag deutlich über 1,31
Dollar. Viele Währungsexperten erwarten, dass sich die Gemeinschaftswährung
weiter nach oben arbeitet. Die Aktienmärkte beunruhigt dieses Szenario, weil
sie fürchten, dass die Einnahmen, die die Konzerne in Dollar erzielen, bald
weniger wert sein könnten.
Die deutschen Autobauer gehören deshalb seit Tagen zu den Verlieren im DAX. Porsche zum Beispiel baut seine Sportwagen in Deutschland, verkauft aber fast jedes zweite Auto in den USA.
Schwäche des Greenback
Das enorme doppelte Defizit der USA
in der Leistungsbilanz und im Haushalt ist wieder in den Mittelpunkt
gerückt. Die amerikanische Wirtschaft ist zwei Quartale in Folge weniger
stark als die Euro-Zone gewachsen und wird sich in den kommenden Monaten
wohl abschwächen. Das lockt Kapital auf den alten Kontinent und stärkt den
Euro.
Zudem schwindet der Zinsvorteil Amerikas, weil die amerikanische Notenbank bei 5,25 Prozent eine Pause einlegt, während die EZB in der kommenden Woche die Zinsen auf 3,5 Prozent erhöhen dürfte. Das macht europäische Anlagen attraktiv.
Schließlich haben einige Notenbanken in Asien und Russland angekündigt, ihre Währungsreserven von Dollar in Euro und Yen umzuschichten.
Wirtschaft bleibt gelassen
"Es besteht kein Anlass zur Hysterie",
sagt Andreas Scheuerle von der DekaBank. "Es gibt genug Puffer, die dieses
Problem abfedern." Zwar beschere der starke Euro den deutschen Exporteuren
einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Firmen aus Amerika und einigen
asiatischen Ländern wie China. Doch die deutsche Exportwirtschaft
präsentiert sich robust.
Zweifel an Zins-Anhebung
Zweifel machen sich breit, ob die
europäische Notenbank die Leitzinsen im nächsten Jahr tatsächlich bis auf
vier Prozent anheben wird, wie dies bislang prognostiziert wird. Denn ein
steigender Euro dämpft die Inflationsgefahren und drosselt gleichzeitig die
Konjunktur. Damit hätte die EZB keine Argumente mehr für ihren
Zinserhöhungskurs.