Experten sind der Meinung, dass Europa bei den Zinsen und der Konjunktur auf einen "Clash" zusteuert.
"Manches deutet darauf hin, dass Europa in Sachen Zins und Konjunktur auf einen Clash zusteuert", warnt der volkswirtschaftliche Berater des Discountbrokers direktanlage.at, Martin Hüfner. Auf der einen Seite würden sich die Zeichen für eine konjunkturelle Abschwächung mehren, auf der anderen Seite werde die Rhetorik der Europäischen Zentralbank (EZB) aggressiver. "Beides passt nicht zusammen. Weiß die Zentralbank nicht, was in der Wirtschaft vor sich geht? Oder ist die Konjunktur vielleicht doch nicht so schlecht, wie es die Daten suggerieren?", fragt sich der Ökonom in einem aktuellen Marktkommentar.
Hohes Tempo bei Preissteigerung
Was die Zentralbanken bewege sei
klar, das Tempo der Preissteigerungen in den letzten Monaten sei zu hoch.
Umso mehr Sorgen müsste man sich machen, als bisher keine Zeichen erkennbar
seien, dass der inflationäre Druck nachlassen könnte. "2008 wird in puncto
Inflation das schlechteste Jahr dieser Dekade", erwartet Hüfner. Wegen der
"Zeichen einer Überhitzung" müsste die Notenbank eigentlich die Zügel
anziehen. Dies umso mehr als die Geldmenge nun schon seit einiger Zeit mit
zweistelligen Raten steige.
Gebremstes Wachstum
Das Wirtschaftswachstum in Europa werde sich
in den kommenden Monaten deutlich abbremsen. Die Gründe dafür liegen für
Hüfner im stark gestiegenen Euro, den ebenfalls stark verteuerten Ölpreisen
und der Finanzkrise, die die Aufnahme von Krediten für die Unternehmen nicht
nur schwieriger, sondern auch teurer mache. Eine Reihe von Absatzmärkten in
der Welt - nicht zuletzt natürlich die USA - würden zudem nicht mehr so
dynamisch wachsen. Die europäische Wirtschaft sei aber nach wie vor in guter
Verfassung und gegenüber externen Schocks relativ resistent.
Erhebliche Risiken
Für die Anleger bedeute dies, dass die EZB
auch durch die absehbare konjunkturelle Verlangsamung nicht von ihrem
aggressiven Stabilitätskurs ablassen werde. Sie werde die Zinsen erst
erhöhen, wenn die Unsicherheiten auf den Märkten nachlassen. Die erwartete
konjunkturelle Abschwächung in Deutschland werde keine größeren negativen
Effekte auf die Gewinnentwicklung der Unternehmen haben. Sie bedeute
lediglich, dass sich das Wachstum auf den Potenzialpfad reduziere. Die
Kapazitätsauslastung der Unternehmen werde nicht zurückgehen.
Das ganze Szenario habe aber erhebliche Risiken. Es könnte sein, dass die konjunkturelle Abschwächung in Europa doch stärker als gedacht ausfällt. Es könnte auch sein, dass die Rohstoffpreise fallen und damit die Inflation zurückgeht. In beiden Fällen würde es keine Zinserhöhung geben. Ein solches Szenario sei in den Daten bisher nicht erkennbar. Ein Anleger sollte es aber zur Sicherheit im Hinterkopf haben, damit er neue Daten richtig einordnen könne, rät Hüfner.