Post-Misere
Faymann fordert Köpferollen im Vorstand
09.11.2008
Dem Sparprogramm sollen auch weitere Postämter zum Opfer fallen. Faymann will stattdessen den Vorstand feuern.
Die Gerüchte um massive Einsparungen bei der Österreichischen Post AG verstummen nicht. Ein radikales Maßnahmenprogramm sieht laut "Kronen-Zeitung" die Streichung von 9.000 Arbeitsplätzen bis 2015 vor. Mittels Standortkonsolidierung könnte das Netz der Postamtsfilialen auf 300 Shops ("Zustellbasen") reduziert werden. Ebenso sollen über 30 Briefverteilzentren geschlossen werden.
Post-Partner als Ersatz
Kompensiert werden soll das bisherige
System durch Post-Partner wie "Imker oder Greißler", weil
dadurch die "unvorteilhaften Rahmenbedingungen beim Personal mit dem
hohen Anteil von Beamten und pragmatisierten Angestellten" nicht mehr
bestünden und das eine "hohe Kostenersparnis" bringen würde.
Diese Umstellungen sollen großteils bereits Mitte 2009 abgeschlossen sein.
Gewerkschaft sieht "Krieg"
Post-Gewerkschaftschef
Gerhard Fritz sprach gegenüber dem ORF von einer "Kriegserklärung".
Kommenden Mittwoch berät der Post-Aufsichtsrat über die Sparpläne. Der Abbau
der 9.000 Arbeitsplätze soll sich folgendermaßen zusammensetzen: Streichung
von 6.000 Stellen im "Bereich Brief", 2.200 im "Bereich
Filialnetz" und rund 800 in der "Abteilung Paket".
Molterer zu Faymann
Aus dem Büro des für die ÖIAG zuständigen
Finanzministers Wilhelm Molterer heißt es dazu, hier gehe es um die
Universaldienstverordnung, und dafür sei Verkehrsminister Werner Faymann
zuständig. Die Universaldienstverordnung sieht vor, dass die Post bis ins
entlegenste Bergtal gebracht werden muss.
Faymann an Molterer
Faymann will jeden Einzelfall prüfen und
notfalls eine Schließung nicht erlauben. Der Mitarbeiterabbau werde in
diesem Ausmaß aber nicht vonstatten gehen, so Faymann: "Bevor
9.000 Postler gehen, muss der Vorstand gehen." Abgesehen davon findet
der Sozialdemokrat, dass Molterer als Eigentümervertreter längst hätte aktiv
werden müssen.
Opposition ist empört
Ein Aufschrei kam in der vergangenen
Woche von FPÖ, Grüne und BZÖ. FPÖ-Infrastruktursprecher Harald Vilimsky
sprach von einer "handfesten Kampfansage" der Post. Die Grünen
sprachen von einem "Zusperrkonzert" und verwiesen auf die
zweistelligen Dividendenrenditen für die Aktionäre. Der Staat hält noch 51
Prozent an der Post.
Gemeindebund überlegt Klage
Der Gemeindebund forderte
angesichts der angeblichen Schließung von bis zu 400 Postämtern eine Klärung
und erwägt eine Klage gegen die Post AG. Gemeindebund-Präsident Helmut
Mödlhammer findet, es ist Zeit, dass alle Karten offen auf den Tisch gelegt
werden: "Wir wollen genau wissen, um welche Postämter es geht und wie
die Schließungsabsicht begründet wird."
Landeshauptleute formieren sich
Der Widerstand ist auch in den
Ländern unüberhörbar. Der Kärntner BZÖ-Landeshauptmann Gerhard Dörfler will
eine außerordentliche Landeshauptleutekonferenz einberufen. Dabei sollen
Post-Chef Anton Wais und Post-Aufsichtsratschef Peter Michaelis eingeladen
werden, "um endlich Klarheit darüber zu bekommen, was Sache ist".
Außerdem findet nächste Woche eine Bürgermeisterkonferenz mit den
Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden statt.
Leitl begrüßt Pläne
Wirtschaftskammer-Präsident
Christoph Leitl fand die Ausdehnung der Postpartnerschaften durchaus gut. "Das
bringt allen etwas. Dass es trotz Schließung von Postämtern nicht zu einer
weniger guten Versorgung mit Postdienstleistungen kommen muss, beweisen die
rund 200 sehr gut funktionierenden Postpartnerschaften in ganz Österreich",
so Leitl.
Zahl der Filialen schon halbiert
Die Post hatte in den
vergangenen fünf Jahren fast die Hälfte ihrer Postämter zugesperrt.
Begleitet wurde die "Optimierung" des Poststellennetzes von
heftigen Protesten von Kommunalvertretern bis hin zur Postgewerkschaft.
Letztlich haben sich aber wirtschaftliche Überlegungen durchgesetzt, galt es
doch auch, die Post börsefit zu machen. Begonnen hat die Schließungswelle im
Jahr 2002 unter der ÖVP/FPÖ-Regierung. Ausgehend von 2.300 Postämtern kam es
bis heute zu einer Reduktion auf 1.312.
Die Post AG wurde im Frühjahr 2006 unter der damals Schwarz-Blauen Bundesregierung an die Börse gebracht. Post und ÖVP haben immer wieder laut über eine weitere Privatisierung nachgedacht. Die SPÖ lehnt das ab.
Die Österreichische Post AG hatte im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres den Konzernumsatz um 7,3 Prozent auf 1,2 (1,11) Mrd. Euro gesteigert. Das Betriebsergebnis (Ebit) sank um 3,6 Prozent auf 81,9 Mio. Euro.