Wegen Sparplänen
Faymann und Molterer treffen sich zu Postgipfel
10.11.2008
Die beiden zuständigen Minister setzen sich wegen der drohenden Sparpläne in dem teilstaatlichen Unternehmen endlich zusammen.
SPÖ-Infrastrukturminister Werner Faymann ist bereit, sich mit
ÖVP-Finanzminister Wilhelm Molterer zu einem Post-Gipfel zu treffen.
Molterer hatte den Anstoß dazu gegeben. Bei dieser Unterredung sollten aber
auch die Belegschaftsvertretung sowie als Repräsentanten der
Landeshauptleute Vorarlbergs Herbert Sausgruber (V) und Hans Niessl (S) aus
dem Burgenland dabei sein, meinte Faymann. Außerdem verlangt der
Sozialdemokrat volle Einsicht in die dem Aufsichtsrat vorliegenden Sparpläne.
Unterschriftenaktion: |
"Post darf nicht zur AUA werden"
Faymann hat nicht
vor, das radikale Sparkonzept der Post hinzunehmen. Montagfrüh kritisierte
er das Management und warnte davor, dass sich die Post ähnlich problematisch
wie die defizitäre AUA entwickeln könnte: "Die Post darf
nicht zur AUA werden." Sonst müsse man nach der Liberalisierung im Jahr
2011 "womöglich die Post verschenken und auch wieder was draufzahlen."
Universaldienstverordnung ändern
Er erwägt jetzt, die
Universaldienstverordnung zu reformieren. Diese liegt nämlich in seiner
Verantwortung, sie regelt, wie schnell und wie oft ein Brief zugestellt
werden muss. Faymann will in die Verordnung hineinschreiben, dass man nur
mehr gemeinsam mit den Gemeinden und den Bundesländern eine Post-Filiale
sperren kann. Prinzipiell sieht Faymann aber Molterer gefordert, dieser ist
für die Staatsholding ÖIAG zuständig.
Kein AUA-Schicksal
Molterer will der Post ebenfalls ein "Schicksal
wie bei der AUA" ersparen. Er hat am Vormittag einen Runden Tisch zum
Thema aufs Tapet gebracht: Die "heiße Kartoffel" Post sollte
nicht hin- und hergeschoben werden, so der schwarze Finanzminister. Im
Großen und Ganzen verteidigt er aber das Management: "Die Zeit, wo
Politiker in Unternehmen hinein regiert haben, ist hoffentlich vorbei und
kommt nicht wieder".
Gegen "unglückliche" Einmischung
Der designierte
ÖVP-Chef Josef Pröll wendet sich auch gegen "unglückliche
Eingriffe", die bereits den AUA-Verkauf erschwert hätten. Das dürfe
sich nicht wiederholen. Auch er hat am Vormittag für einen Post-Gipfel plädiert:
Molterer und Faymann müssten mit den Managern und Aufsichtsräten eine
vernünftige Lösung suchen - "zumal es hier um viele
Arbeitsplätze geht", findet Pröll.
FPÖ unterstellt Molterer Vorwissen
Der freiheitliche
Generalsekretär Herbert Kickl mutmaßt, Molterer habe schon vor der Wahl von
den Personalabbauplänen gehört. Dann habe der Finanzminister noch dazu
Post-Generaldirektor Anton Wais das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um
die Republik Österreich verliehen, "vielleicht gar als
vorauseilende Anerkennung für den geplanten Kahlschlag", so Kickl.
Die damalige Laudatio lasse das vermuten.
Grüne kündigen Sammelklage an
Die Grünen wollen wie
Faymann die Universaldienstverordnung verbessern. Die Zahl der Postämter
soll sich ihrer Ansicht nach an einem fixen Bevölkerungsschlüssel
orientieren. Und es sollten Mindestlöhne gelten, damit die Post nicht in
Konkurrenz mit Billiglohnfirmen stehen muss. Vor allem aber plant die Grüne
Infrastruktursprecherin Gabriela Moser eine Sammelklage im Namen der
Konsumenten.
Kärnten mobilisiert
Kärntens BZÖ-Landeshauptmann Gerhard
Dörfler fordert eine Verschiebung der Aufsichtsratssitzung. Offenbar sei der
Aufsichtsrat dabei, die Universaldienstverordnung zu missachten, meint
Dörfler. Vor Filialschließungen müsse nämlich mit den betroffenen Ländern
und Gemeinden gesprochen werden. Am Mittwoch lädt er die Kärntner
Bürgermeister zu einem "Postgipfel" ein.
Vorstand wirbt um Verständnis
Der Post-Vorstand hat am
Montag den Stellenabbau indirekt bestätigt und um Verständnis dafür
geworben: die ab 2011 ins Haus stehende Vollliberalisierung bedeute die "größte
und einschneidendste Veränderung" in der Unternehmensgeschichte, "es
ist die Aufgabe eines verantwortungsvollen Managements", das
Unternehmen rechtzeitig vorzubereiten."
ÖIAG-Betriebsräte fordern Michaelis' Kopf
Leopold
Abraham, Vorsitzender einer Arbeitsgemeinschaft der ÖIAG-Betriebsräte,
fordert den Rücktritt von ÖIAG-Chef Peter Michaelis bzw. die Installierung
eines zweiten Vorstands. "Noch ist das Problem AUA nicht gelöst, macht
er neue Fronten auf. Wenn man alles zusammenrechnet, verunsichert Michaelis
hunderttausende Menschen", so der Belegschaftsvertreter der
Verstaatlichtenholding.
Schwarze Gewerkschafter mit Volksbegehren
Die
Christ-Gewerkschafter haben am Montag das Volksbegehren "Stopp den
Postraub" angekündig. Der oberste Post-Christgewerkschafter Manfred
Wiedner will damit erreichen, dass die Zahl der Postämter und faire
Wettbewerbsbedingungen mit privaten Anbietern gesetzlich festgeschrieben
werden
Regierung bisher taub?
Wiedner begründet den Schritt mit
bisherigen fruchtlosen Versuchen, die Regierung für das Problem zu
sensibilisieren. Ein Brief an SPÖ-Chef und Verkehrsminister Werner Faymann
ist laut Wiedner bis heute unbeantwortet geblieben. Auch Gespräche mit
ÖVP-Finanzminister Wilhelm Molterer haben bis dato nichts gebracht. Jetzt
hofft er, bis März die nötigen 100.000 Unterschriften für eine
parlamentarische Behandlung beisammen zu haben.
Rote Gewerkschafter erwägen Streik
Die sozialdemokratischen
Gewerkschafter unterstützen das Volksbegehren. Außerdem setzt
FSG-Postgewerkschaftschef Gerhard Fritz auf bewährte Kampfmaßnahmen nach dem "Lotto-Prinzip".
"Alles ist möglich", so Fritz in der Kronen Zeitung. Probates
Mittel ist eine Arbeitsniederlegung während der Adventszeit. Damit käme die
Weihnachtspost ordentlich ins Trudeln.
Mobilkom-Mannschaft steht dahinter
Die Belegschaft der ebenfalls
teilstaatlichen Mobilkom Austria versichert die Kollegen der Post ihrer
Solidarität. "Wir werden sie mit allen unseren Kräften
unterstützen, wenn sie um die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze kämpfen",
so Mobilkom-Betriebsratchef Werner Luksch. Wenn große wirtschaftliche
Schwierigkeiten mit Riesensummen an staatlichen Geldern bekämpft werden,
dürften nicht ausgerechnet in jenen Betrieben Mitarbeiter hinausgeworfen
werden, wo der Staat noch Einfluss als Eigentümer hat.
Sparpläne im Detail:
Bei dem teilstaatlichen, börsenotierten Unternehmen ist bis 2015 der Abbau von 9.000 Jobs und die Schließung von 1.000 Postämtern vorgesehen. Bei den wegfallenden Arbeitsplätzen sollen zwei Drittel aus dem Bereich der Briefträger kommen, 750 von den Paketzustellern und 2.200 Mitarbeiter aus den Postämtern. Statt 1.300 Postämtern soll es nur mehr 25 Großpostämter geben, 225 Filialen unter der Regie des Kooperationspartners BAWAG P.S.K. und 220 verpachtete Regionalfilialen. Die Zahl der privaten Postpartner soll sich von 210 auf 940 vervierfachen. Das Netz wäre damit weitgehend privatisiert. Am Mittwoch befasst sich der Aufsichtsrat mit dem Sparplan. |
Der Staat hält an der Post AG seit der Privatisierung unter der schwarz-orangen Regierung im Frühjahr 2006 noch 51 Prozent.