Angesichts der dramatischen Talfahrt auf dem Automarkt steigt der italienische Autobauer Fiat beim notleidenden US-Hersteller Chrysler ein.
In einem ersten Schritt soll Fiat 35 Prozent an dem drittgrößten US-Autobauer übernehmen. Beide Traditionsunternehmen unterzeichneten eine entsprechende vorläufige Vereinbarung, wie Chrysler am Dienstag am Sitz in Auburn Hills (US-Bundesstaat Michigan) mitteilte. Beide leiden stark unter der weltweiten Talfahrt am Automarkt und der Konjunkturkrise. Das Bündnis soll Fiat und Chrysler gegen die Konkurrenz globaler Wettbewerber wie etwa Toyota und Volkswagen stärken.
Statt Geld gibt es eine strategische Kooperation
"Das Abkommen
ist ein Meilenstein für den Autosektor", kommentierte Fiat-Chef Sergio
Marchionne. Zufrieden zeigte sich auch der Vizepräsident der Gruppe, John
Elkann. "Wir haben eine gute Einigung erreicht. Wir können unsere
Beteiligung noch mehr aufstocken", sagte er. Die Allianz benötige noch die
Zustimmung der US-Regierung. Chrysler kann derzeit nur mit Hilfe eines
milliardenschweren staatlichen Notkredits überleben. Fiat bezahlt den Anteil
den Angaben zufolge nicht mit Bargeld. Stattdessen bekommt Chrysler Zugang
zu Fiat-Technologie für den Bau vor allem von Kleinwagen.
Gemeinsame Fahrzeugplattformen sollen Geld sparen
Im Gegenzug
will sich Fiat auch den US-Markt für seine Klein- und Mittelklassewagen
erschließen. Beide Hersteller wollen sich künftig ihre Vertriebsnetze
gegenseitig zur Verfügung stellen. Fiat-Chef Sergio Marchionne sagte der
Mitteilung zufolge, das Abkommen biete beiden Herstellern Zugang zu den
wichtigsten Automärkten der Welt. Marchionne hatte unlängst erklärt, er
stehe vor dem schwierigsten Jahr seines Lebens, es würden wohl nur sechs
Autokonzerne die Krise überstehen können.
Chrysler gehört derzeit zu gut 80 Prozent dem US-Finanzinvestor Cerberus, Eigentümer der BAWAG. Den restlichen Anteil hält noch der deutsche Daimler-Konzern. Daimler ("Mercedes") will den Anteil schnellstmöglich verkaufen, wie der Konzern am Dienstag nochmals bekräftigte. Bisher konnte sich Daimler aber mit Cerberus beim Preis nicht einigen.
Späterer Ausbau des Fiat-Anteils nicht ausgeschlossen
Früheren
Medienberichten zufolge ist eine Beteiligung von 55 Prozent angedacht. Fiat
und Chrysler führten laut Medienberichten bereits seit dem vergangenen
Sommer grundsätzliche Gespräche über eine Kooperationen bei Verkauf und
Produktion. Auch bei mehreren anderen Autobauern klopfte Chrysler wegen
Partnerschaften an. Chrysler ist außerhalb Nordamerikas bisher nur sehr
schwach vertreten - mehr als 90 Prozent seiner Autos verkauft der
US-Hersteller auf dem Heimatmarkt.
Fiat hingegen ist bisher in den USA nicht mit seinen Massenmodellen präsent. Chrysler hat umgekehrt bei kleineren Autos kaum etwas zu bieten. Die Amerikaner setzten lange Zeit vor allem auf große und wenig sparsame Wagen. Nun wollen die Amerikaner stärker die Plattformen die Italiener nutzen. Die Autobauer versuchen seit vielen Jahren mit gleichen Plattformen für die unterschiedlichsten Autotypen die Kosten zu senken. So verwendet zum Beispiel VW die Plattform des "Polo" auch für die Konzerntöchter Skoda ("Fabia") und Seat ("Ibiza"). "Mit diesem Abkommen wird Chrysler weiters Zugang zu Fiats Produktionsplattformen erhalten. Fiat werde die US-Gruppe beim Vertrieb auf wichtigen Märkten unterstützen, auf denen die Italiener bereits präsent sind, verlautete es in Turin.
Beide Autobauer haben klingende Namen in ihrem Angebot: Für Chrysler sind das die Marke Chrysler selbst sowie der Urvater aller Geländewagen, Jeep, und Dodge, auf den auch die US-TV-Kultfigut Al Bundy ("Eine schrecklich nette Familie") vertraute. Fiat baut neben Fiat noch Lancia und Alfa Romeo sowie die Sportwagenklassiker Ferrari und Maserati. Im vergangenen Jahr haben die beiden Riesenkonzerne jeweils rund 2,6 Millionen Fahrzeuge verkauft. Beide Unternehmen sind auch im Lkw-Sektor tätig. Geht es nach dem Umsatz, liegt Fiat mit 59 Mrd. Euro vor Chrysler mit 47 Mrd. Euro.