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Gas-Konflikt wird immer dramatischer

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Die EU verweist auf die politischen Dimensionen. Gazprom warnt vor möglichen Pipeline-Schäden.

Weite Teile Europas leiden unter der dramatischen Zuspitzung des Gas-Konflikts zwischen Russland und der Ukraine. Seit Mittwoch fließt - trotz massiver Proteste der Europäischen Union - kein russisches Gas mehr über die Ukraine nach Westeuropa. Zehntausende in Südosteuropa froren angesichts des Lieferstopps in kalten Wohnungen. Beide Seiten geben sich die Schuld an der Eskalation. Die EU warnte Moskau und Kiew vor Konsequenzen und forderte zur Wiederaufnahme der Lieferungen auf. Beide Länder wollen an diesem Donnerstag neue Verhandlungen über die Beilegung ihres Gas-Konflikts aufnehmen. Dabei könnte auch der Einsatz internationaler Beobachter besprochen werden, die die Weiterleitung des Gases kontrollieren.

"Wohnzimmer bleiben warm"
Unter anderem Österreich, Italien, Serbien, Ungarn, Bulgarien, Griechenland, Tschechien und Rumänien meldeten am Mittwoch einen Totalausfall russischer Gasimporte. In Serbien saßen viele Menschen zum orthodoxen Weihnachtsfest bibbernd in ihren Wohnungen. In einzelnen Ländern traten Notfallpläne in Kraft, die eine Drosselung der Industrie vorsahen, um Gas zu sparen. In der Slowakei stellte ein großes Stahlwerk die Produktion ein. Für Deutschland gibt es nach wie vor genug Gas-Reserven. "Deutschlands Wohnzimmer bleiben warm", betonte der Versorger RWE. Österreich habe sehr gut ausgebaute Speicher und sei im Vergleich mit anderen vom Lieferstopp betroffenen europäischen Ländern in einer besseren Lage, versicherte auch OMV-Generaldirektor Wolfgang Ruttenstorfer.

Merkel rief Putin an
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefonierte am Abend mit dem russischen Ministerpräsident Wladimir Putin. Auf Vorschlag der EU und Merkels wollen Russland und die Ukraine neutrale Experten zur Klärung der Lieferblockade zulassen. Merkel sagte dazu: "Sowohl Frau Timoschenko als auch Herr Putin sind einverstanden, dass internationale Beobachter der EU oder auch der Gasunternehmen an der Grenze kontrollieren, dass das Gas wirklich weitergeleitet wird. Ich glaube, das kann ein Weg sein, um bei den Gesprächen in Brüssel auch dafür Sorge zu tragen, dass dann Russland wieder Gas liefert." Putin betonte am Abend, Russland werde seine Gas-Lieferungen erst nach dem Einsatz unabhängiger Beobachter wieder aufnehmen.

Nach den für den Vormittag in Moskau geplanten Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine, will auch die EU am Nachmittag in Brüssel mit dem Chef des russischen Energiekonzerns Gazprom, Alexej Miller, und dem Vorsitzenden des ukrainischen Konzerns Naftogas, Oleg Dubina, eine Lösung suchen. Die beiden Kontrahenten sollen dazu mit Vertretern der Kommission und der tschechischen Ratspräsidentschaft zusammenkommen.

Gazprom beschuldigt Ukraine
Russlands Monopolist Gazprom wirft der Ukraine vor, Gas zu stehlen, und pumpt deshalb drastisch weniger in die Pipelines. Kiew bestreitet den Diebstahl, schloss aber nach russischer Darstellung am Mittwoch die letzte von vier Transit-Leitungen für russisches Gas nach Europa. Aus der Ukraine hieß es dagegen, Russland habe seine Gaslieferungen über die Ukraine komplett gestoppt. Mit Deutschlands größtem Gasimporteur E.ON Ruhrgas und dem ostdeutschen Unternehmen Verbundnetz Gas AG (VNG) berichteten erstmals auch Unternehmen aus der Bundesrepublik, dass kein Gas mehr aus der Ukraine ankommt.

Die EU verschärfte massiv den Ton gegenüber Russland und der Ukraine. "Falls die Lieferungen bis morgen (Donnerstag) nicht wieder aufgenommen werden, wird die EU-Ratspräsidentschaft oder die EU ernsthaft eingreifen", sagte der amtierende EU-Ratsvorsitzende, der tschechische Regierungschef Mirek Topolanek, in Prag. "Wir sind in einer beispiellosen Situation", sagte er. In dem Streit zwischen Moskau und Kiew gebe es auch eine politische Dimension.

EU-Sondertreffen angeregt
Sollte am Freitag immer noch kein Gas nach Europa fließen, will die Union ein Sondertreffen der 27 EU-Energieminister für Montag in Brüssel einberufen. "Die Lieferungen müssen sofort wieder aufgenommen werden, sonst haben wir ein richtiges Problem", sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Er machte klar, dass die EU dann auch langfristig verstärkt auf alternative Routen setzen werde.

Im Streit über höhere Preise war als erster Schritt am Neujahrstag die russische Gaslieferung an die Ukraine eingestellt worden. Etwa 80 Prozent des Gases aus Russland werden über Leitungen in der Ukraine in die EU gepumpt. Die Ukraine beruft sich bei der Abschaltung der Pipelines - so hieß es aus Moskauer Quellen - auf ein Gerichtsurteil, das die bisherigen Transit-Verträge für ungültig erklärt hatte. Moskau wiederum will von Kiew höhere Preise für das an den Nachbarn gelieferte Gas. Die Ukraine zahlt bisher weniger als die Hälfte für russisches Gas als zum Beispiel Deutschland.

Gazprom warnte am Mittwoch vor Schäden an den Pipelines, sollten die Lieferungen nach Europa durch die Ukraine länger unterbunden werden. Bei den eisigen Temperaturen könnte das System "ernsthaften Schaden" nehmen, sagte Vize-Chef Alexander Medwedew in Berlin. Er warf der Regierung in Kiew vor, Gazprom als Geisel nehmen zu wollen, und forderte sie erneut auf, die russischen Gaslieferungen nach Europa wieder zu ermöglichen. Unter normalen Umständen könnten die Pipelines in 12 bis 24 Stunden wieder hochgefahren werden.

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