Vizechef Medwedew: Ukraine wegen innenpolitischer Situation unberechenbar.
Der russische Gasgigant Gazprom hat neue Unterbrechungen der Gaslieferungen nach Westeuropa wegen des Gasstreits mit der Ukraine nicht ausgeschlossen. "Wir können keine 100-prozentige Garantie dafür geben, dass sich Situationen wie 2005 und 2009 nicht wiederholen", sagte Gazprom-Vizechef Alexander Medwedew am Donnerstag am Rande der Weltgaskonferenz in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires. Die fristgerechte Begleichung der Septembergasrechnung durch Kiew am Vortag sei jedoch ein ermutigendes Zeichen. Allerdings bleibe die Ukraine wegen der innenpolitischen Situation unberechenbar.
2011 erstes Gas durch Ostseepipeline
Zugleich zeigte sich
Medwedew zuversichtlich, dass 2011 wie geplant das erste Gas durch die
Ostseepipeline Nord Stream unter Umgehung der Ukraine nach Westeuropa
gelangen werde. "Das ist sehr wichtig, denn Europa braucht dieses Gas
dringend", betonte Medwedew, der als der eigentlich starke Mann hinter
Gazprom-Chef Alexej Miller gilt. Er widersprach damit zugleich Äußerungen
des Vizechefs der ukrainischen Naftogaz, Wadim Tschuprun. Der hatte am
Vortag in Buenos Aires betont, Westeuropa benötige die neue Ostseepipeline
und auch die südliche Umgehung der Ukraine, die Nabucco-Pipeline, gar nicht,
denn angesichts des gefallenen Gasbedarfs sei das ukrainische Transitnetz
ausreichend.
Gaspreis werde mittelfristig steigen
Medwedew ging davon aus,
dass der Gaspreis mittelfristig wieder steigen werde. "Allerdings ist
Gazprom nicht an explodierenden, sondern an fairen Preisen interessiert",
fügte er hinzu. Er weigerte sich jedoch, die Höhe eines "fairen" Preises zu
nennen: "Das würde sofort die Märkte verzerren". Das Ziel, ein Kartell aller
Gasexporteure weltweit ähnlich der OPEC zu schmieden, sei weiterhin aktuell.
"Wenn sogar die Kakaoproduzenten eine Vereinigung haben, warum dann nicht
auch wir?", fragte er augenzwinkernd.
Außerhalb Europas wolle Gazprom weiter in China und Südostasien Fuß fassen. Dies seien strategische Märkte. In den USA solle der Gazprom-Marktanteil bei Gas in vier bis fünf Jahren auf zehn Prozent anwachsen. Und die Aktivitäten in Südamerika werden künftig von einer neuen Gazprom-Niederlassung in Brasilien koordiniert. Als Partner seien neben Brasilien vor allem Venezuela, Argentinien und Bolivien interessant. Mit dem spanischen Energiekonzern YPF-Repsol habe es "interessante Gespräche" gegeben, sagte Medwedjew ohne Nennung von Details.