Gerichtsverfahren
Grundig-Wien von Managern in Pleite gejagt
07.08.2008
Der Grundig-Konkurs kommt vor Gericht, vier Manager sollen 100 Mio. Euro abgesaugt haben. Zuvor war eine Verfahrenseinstellung verlangt worden.
Die Pleite des Wiener Grundig-Werks hat nach über fünf Jahren ein Nachspiel vor dem Strafgericht. Laut "Oberösterreichischen Nachrichten" sollen sich nach dem Willen von Staatsanwältin Alexandra Michel-Kwapinski die Ex-Vorstände der deutschen Mutterfirma Hans-Peter Kohlhammer, Werner Saalfrank und Günther Moissl, sowie Aufsichtsratsvorsitzender und Grundig-Eigentümer Anton Kathrein wegen betrügerischer Krida mit einem Schaden von fast 100 Mio. Euro vor Gericht verantworten.
Grundig Austria ist vor fünf Jahren in Konkurs geschlittert. Im Mai 2003 hat das Unternehmen mit damals 900 Dienstnehmern am Standort in Wien-Meidling geschlossen.
Verfahrenseinstellung verlangt
Die nunmehrige Anklageerhebung ist
für die früheren Grundig-Manager insofern überraschend gekommen, als ihr
Rechtsbeistand kurz zuvor die Einstellung des Strafverfahrens wegen zu
langer Verfahrensdauer beantragt hatte. Diese Vorgehensweise ist seit der
jüngsten Reform der Strafprozessordnung (StPO) rechtlich verankert. Ehe das
Straflandesgericht Wien darüber entscheiden konnte, brachte die
Staatsanwaltschaft ihre Anklageschrift ein.
Empörung über Vorwürfe
Die Manager selbst zeigen
sich "empört" über die Anklageerhebung. Der von der
Anklagebehörde angenommene Tatbestand sei weder in subjektiver noch in
objektiver Hinsicht erfüllt. "Eine vorsätzliche
Vermögensverschiebung zulasten der Gläubiger hat mit Sicherheit nicht
stattgefunden", betonte ihr Verteidiger Manfred Ainedter.
Für den Verteidiger der Angeklagten sind diese Vorwürfe gleichermaßen nicht nachvollziehbar wie unhaltbar, weshalb er einen Einspruch gegen die Anklageschrift erwägt. Dies würde das weitere Verfahren und den Strafprozess, bei dem bei Schuldsprüchen bis zu zehn Jahre Haft möglich sind, um Monate verzögern.
"Die Angeklagten haben in Wahrheit bis zum Umfallen gekämpft, um Grundig zu retten! Sie haben sich dabei der besten Berater in Österreich und Deutschland bedient und denen vertraut", stellte Ainedter fest.
100 Millionen Euro entzogen
Die vier Ex-Manager sollen im Umfeld
der Pleite des deutschen Grundig-Konzerns im April 2003 der österreichischen
Tochterfirma rund 100 Mio. Euro an Vermögen entzogen haben. Die Folge: einen
Monat, nachdem die deutsche Mutter Konkurs angemeldet hatte, musste Mitte
Mai 2003 auch das österreichische Werk Konkurs anmelden.
Blütezeit Ende der Siebziger
Das österreichische Werk hatte
sämtliche Fernseher des Grundig-Konzerns gefertigt, der in seiner Hochblüte
1979 weltweit 38.000 Mitarbeiter hatte. 1980 schlitterte Grundig in die
roten Zahlen, 1984 übernahm Philips die Gruppe, scheiterte jedoch. 2000
stieg der Antennenhersteller Anton Kathrein ein, Anfang 2003 fand man im
taiwanesischen Sampo-Konzern und in der türkischen Beko-Gruppe zwei
potentielle Retter, die jedoch am Wiener TV-Werk nicht interessiert waren.
Das wollte der Industrielle Mirko Kovats übernehmen.
Bis zu zehn Jahren Haft drohen
Um den Konzern bei den
Verhandlungen mit Sampo und Beko besser aussehen zu lassen, hätten die vier
Angeklagten der Wiener Tocher systematisch Eigenkapital entzogen. So seien
bei der "Grundig-Spaltung I" am 22. Februar 2003 gleich 42,9 Mio.
Eigenkapital von Wien zur deutschen Mutter transferiert worden. Am gleichen
Tag seien bei der "Grundig-Spaltung II" weitere 17,4 Millionen von
Wien nach Deutschland geflossen. Zuletzt hätten die vier Beschuldigten, zu
einem Zeitpunkt, als ihnen die Zahlungsunfähigkeit von Grundig Deutschland
bereits bekannt gewesen sei, Lieferungen im Wert von 38,6 Mio. Euro von Wien
nach Deutschland angeordnet. Mache insgesamt 98,7 Mio. Euro, um die die vier
Verdächtigen das Vermögen von Grundig Österreich verringert haben sollen, so
der Vorwurf. Im Fall einer Verurteilung drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Äußerungen der vier Verächtigen liegen bisher nicht vor, für sie gilt die
Unschuldsvermutung.
Im Konkursantrag habe Grundig Wien 160 Mio. Euro Schulden bei 106 Mio. Aktiva aufgewiesen, heißt es im Bericht weiter: Ohne die Geldflüsse nach Deutschland wäre Grundig Österreich demnach wohl nicht insolvent gewesen.