Der Handel selbst wäre nicht an den hohen Preisen Schuld. Ein Mittel gegen die Teuerungen wäre aber die Senkung der Mehrwertsteuer.
Nachdem der österreichische Einzelhandel im ersten Halbjahr 2008 ein reales Umsatzminus von 1,2 Prozent verzeichnet hat, sind auch die Erwartungen für die nahe Zukunft gedämpft. Die Erwartungen der Händler seien zurückhaltend, sagte der Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Erich Lemler. Um die Kaufkraft der Österreicher wieder anzukurbeln, schlug Lemler eine Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen vor. Auch eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel sollte durchgeführt werden.
Handel nicht an Preisen Schuld
Dass der Handel an den gestiegenen
Preisen schuld sein könnte, wies Lemler zurück. Im Gegenteil: Es hätte in
der Vergangenheit eine Preisentwicklung gegeben, "die nicht zu schlucken
war". So seien die Gebühren für Wasser und Müll seit Jänner 2001 um 43
Prozent gestiegen und auch Strom sei teurer geworden.
Damit der Konsum wieder angekurbelt wird, schlug Lemler eine Entlastung für kleine und mittlere Einkommen vor. Hier sei der Vorschlag von WKÖ-Generalsekretär Reinhold Mitterlehner, einen "Inflationsabsetzbetrag" und einen Heizkostenzuschuss einzuführen, vorstellbar. Um die Bürger zu entlasten, sollten auch Teile der Steuerreform früher kommen, forderte Lemler.
Senkung der Mehrwertsteuer
Auch den Vorschlag von IHS-Chef
Bernhard Felderer, die Mehrwertsteuer (MwSt) auf Lebensmittel zu senken,
hält Lemler für durchführbar. In Österreich macht die MwSt für Lebensmittel
10 Prozent aus, in Deutschland seien es hingegen 7 Prozent und in
Großbritannien betrage die MwSt auf Lebensmittel 5 Prozent, sagte Lemler.
"Eine Verringerung der Mehrwertsteuer würde einen Teil der Teuerung
wegnehmen", betonte Lemler. Um wie viel Prozent die MwSt gesenkt werden
soll, wollte der Handelsobmann nicht konkretisieren.
Insgesamt seien die Preise im Lebensmitteleinzelhandel im ersten Halbjahr 2008 um 6,3 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode gestiegen. Am stärksten fielen die Steigerungen bei Zitronen (+ 44,2 Prozent), Teigwaren (+ 38,4 Prozent) und Mandarinen (+ 25,5 Prozent) aus, so die Zahlen der Statistik Austria. Auch Camembert (+ 23,7 Prozent), Gemischtes Pflanzenöl (+ 23,3 Prozent), Gouda (+ 22,2 Prozent) und Birnen (+ 22,0 Prozent) haben kräftig zugelegt.
Schlechte Gewinnsituation
Billiger wurden hingegen unter anderem
Eissalat (- 16,6 Prozent), Gurken (- 13,2 Prozent), Zuckermelonen (- 6,0
Prozent) und Zwiebeln (- 5,1 Prozent). Für die nahe Zukunft sieht Lemler
aber kein Ende der Belastungen. Der Druck werde weiterhin vorhanden sein,
sagte der Handelsobmann.
Im ersten Halbjahr 2008 waren im österreichischen Einzelhandel (exklusive Tankstellen) im Durchschnitt rund 259.000 unselbstständig Beschäftigte tätig (+ 3,3 Prozent), erklärte der stellvertretende Direktor der KMU Forschung Austria, Peter Voithofer. Damit habe sich der positive Trend der Vorjahre fortgesetzt.
Weniger positiv ist hingegen die Gewinnsituation der heimischen Einzelhändler. Derzeit schreiben 53 aller Einzelhandelsbetriebe keine Gewinne, sagte Voithofer. Betroffen seien vor allem Kleinstbetriebe in dezentralen Lagen.
Die Ergebnisse für den heimischen Einzelhandel im ersten Halbjahr 2008 basieren auf der Konjunkturbeobachtung der KMU Forschung Austria mit Daten von mehr als 4.500 Geschäften.