Prozess vertagt
HRE-Anleger fordern 320 Mio. Euro
06.08.2009
Dei Hypo Real Estate soll Anleger falsch und unzureichend über Risiken informiert haben.
Der bisher größte Schadenersatz-Prozess um den inzwischen verstaatlichten Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) ist auf nächstes Jahr vertagt worden. Zu einem Vergleichsvorschlag des Landgerichts München I wollten sich am Donnerstag weder Kläger noch HRE äußern. Die Kläger fordern 320 Mio. Euro Schadenersatz, die im Falle einer Verurteilung der HRE der Bund als Inhaber der Bank zahlen müsste.
Mängel
Der Vorsitzende Richter Matthias Ruderisch bemängelte
die von dem Frankfurter Rechtsanwalt Andreas Tilp vertretene Sammelklage von
insgesamt 56 Fonds an etlichen Punkten. Ruderisch kritisierte, es sei
unklar, wer genau hinter den Forderungen stehe. Außerdem fehle eine
sachliche Begründung für die Forderungen. Um Schadensersatz einklagen zu
können, müsse die Bank kursrelevante Insiderinformationen nicht rechtzeitig
weitergegeben haben. Darüber hinaus sei der Zeitraum für die Forderungen von
Mitte Juli 2007 bis Mitte Jänner 2008 nicht schlüssig begründet. "Im Moment
ist für uns die Klage nicht entscheidungsreif", sagte Ruderisch.
Frist
Das Gericht gab Tilp und dessen Kanzlei allerdings bis zum
10. Oktober Gelegenheit, die Mängel in der Klage zu beseitigen. Die
HRE-Vertreter wiederum erhielten bis zum 15. Dezember Frist, um auf die
Überarbeitung zu reagieren. Weiter verhandelt werden soll dann am 14. Jänner
kommenden Jahres.
Vergleich angeregt
Ruderisch regte gleichzeitig einen Vergleich
an. Er schlug vor, dass die HRE den den Fonds zwischen dem 1. und 15. Jänner
2008 entstandenen Schaden zu 100 Prozent ersetze. Außerdem könnten für den
Zeitraum von Ende November bis Ende Dezember 2007 zehn bis zwanzig Prozent
ersetzt werden. Einen Schadenersatz für die ebenfalls in der Klage
enthaltene Zeit von Juli bis Ende November sieht der Vorschlag nicht vor.
Würden beide Kläger und HRE den Vorschlag annehmen, würde sich die Forderung
von 320 Mio. Euro deutlich reduzieren. Beide Seiten äußerten sich aber
zunächst nicht.
Tilp sagte am Rande des Prozesses, er werde den Vergleichsvorschlag den von ihm vertretenen 56 Fonds vorlegen. Sein Ziel sei aber ohnehin nicht eine Entscheidung des Münchner Landgerichts. Er wolle die Forderungen des Fonds in einen Musterprozess vor das bayerische Oberlandesgericht bringen.
OLG
Damit es zu solch einem Kapitalanleger-Musterverfahren
(KapMug) kommen kann, müssen Anträge dazu aus mindestens zehn verschiedenen
HRE-Prozessen vorliegen. Tilp sagte, seit dieser Woche vertrete alleine
seine Kanzlei zehn solcher Anträge. "Wir können aus eigener Kraft einen
Musterprozess erzwingen. Der HRE-Prozess wird mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit ans OLG gehen." Sobald es zu solch einem Musterprozess
kommt, ruhen die anderen Schadenersatz-Prozesse.
Alleine in München sind nach Angaben des Gerichts im Moment mehr als 50 Klagen von Anlegern anhängig. Diese fühlen sich von der früheren HRE-Führung hinters Licht geführt und durch falsche Angaben zum Aktienkauf veranlasst.
Riskante Geschäfte
Die HRE stand im Zuge der weltweiten
Immobilienkrise durch riskante Geschäfte in Milliardenhöhe am Rande des
Zusammenbruchs. Dieser konnte nur durch die Hilfe des Bundes verhindert
werden. Inzwischen übernahm der Bund auch die vollständige Kontrolle über
die HRE.