ÖBB-Vorstandsvorsitzender Peter Klugar: "In einigen Fällen ist unangemessen reagiert worden."
ÖBB-Vorstandsvorsitzender Peter Klugar hat in Zusammenhang mit dem illegalen systematischen Sammeln von Diagnosedaten von ÖBB-Mitarbeitern mit langen Fehlzeiten Fehler eingestanden. "Bei der Umsetzung von Personalmaßnahmen sind Fehler gemacht worden", sagte Klugar in einer Pressekonferenz am Freitagnachmittag in Wien. In einigen Fällen sei "unangemessen reagiert worden", das sei inakzeptabel und bedauere er sehr. Ein persönliches Verschulden sieht Klugar nicht. Man werde die Angelegenheit bei der Aufsichtsratssitzung am kommenden Dienstag zwar besprechen, "meinen Rücktritt werde ich nicht anbieten", sagte er auf entsprechende Journalistenfragen.
Noch keine genauen Daten
Auch nach der ersten Sitzung der
mittlerweile eingesetzten Kommission zur Aufklärung und Beendigung der
Affäre um die illegale Sammlung von Krankendaten gibt es noch keine genauen
Daten, wie viele Mitarbeiter betroffen sind. In der bisher einzigen
geprüften Gesellschaft, der ÖBB Infrastruktur Betrieb AG seien unter den
rund 11.000 Mitarbeitern rund 1.000 Fälle entdeckt worden, in denen in
Beförderungsbögen auch Angaben zu Krankenständen und Diagnosen enthalten
waren, sagte der neue Personalchef der ÖBB-Holding, Emmerich Bachmayer am
Freitagnachmittag in Wien. Im gesamten Konzern rechnet er mit etwa 3.000
Fällen.
Bachmayer, der auch Vorsitzender der vergangene Woche eingesetzten Untersuchungskommission ist, sprach von "zwei Systemen", die nun "verwechselt" würden. Einerseits gebe es seit 2006 bzw. 2007 elektronische Aufzeichnungen von "Gesundheitsgesprächen". Dort sei auch ein Feld "Diagnose" vorgesehen gewesen, in das ursprünglich auch Daten aufgenommen worden seien. 2008 sei dieses Feld mit "Nichts eintragen" versehen worden, nun werde die Diagnoseaufnahme im Formular "verunmöglicht . Nach früheren Angeben von Betriebsratsvorsitzendem Wilhelm Haberzettl erfolgte die Änderung 2008 auf Betreiben der Datenschutzkommission und der Arbeitnehmervertreter.
Parallel dazu wurden aber laut Bachmayer in Beurteilungsblättern von Mitarbeitern die zur Beförderung anstanden, Krankenstands- und Diagnosedaten aufgenommen, die "aus Gründen der Menschenwürde besser unterblieben wären".
Vorgangsweise nicht mit Datenschutzrecht vereinbar
"Hier sind
Dinge passiert, die schlicht rechtswidrig waren", sagte der als Experte zur
Kommission beigezogene Arbeitsrechtler Wolfgang Brodil. Die Vorgangsweise
sei weder mit Arbeitsrecht noch mit Datenschutzrecht vereinbar gewesen.
Gleichzeitig räumte er ein, dass es ein Grundproblem mit ausgegliederten
Unternehmen wie den ÖBB gebe: Die Unkündbarkeit führe bei einigen
Mitarbeitern zu Krankenstandsmissbrauch, der dann aus Kostengründen mit
überschießenden Methoden bekämpft werde.
Bures fordert Einschaltung von Staatsanwalt
SPÖ-Infrastrukturministerin
Doris Bures hat am Freitagnachmittag in einer Aussendung
ÖBB-Aufsichtsratsvorsitzenden Horst Pöchhacker aufgefordert, zur Aufklärung
der "rechtswidrigen Erfassung von Krankendaten in den ÖBB",
wie sie es nannte, die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Außerdem verlangt
Bures als Eigentümervertreterin von Pöchhacker, am kommenden Dienstag im
Aufsichtsrat den Bericht der Untersuchungskommission zu behandeln und "alle
Maßnahmen zu setzen, dass in Zukunft keine derartigen Praktiken mehr
angewendet werden".
Personelle Konsequenzen fordert Bures derzeit nicht, vielmehr dürfe es "keine Vorverurteilungen" geben, sagte sie am Freitagnachmittag. Aber Pöchhacker solle "eine Sachverhaltsdarstellung des Aufsichtsrates" an die Staatsanwaltschaft übermitteln. Es gehe im Moment vor allem darum, zu klären, was genau passiert ist.