In Deutschland

Krise bei Opel und GM könnte 100.000 Jobs kosten

17.11.2008

Ökonomen warnen außerdem davor, dass sich die staatliche Finanzhilfe für Opel als sinnlos erweisen könnte.

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© dpa
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Nach der Bitte des deutschen Autobauers Opel um staatliche Bürgschaften in Milliardenhöhe beginnen am Montag die Krisen-Treffen in Berlin. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach mit der Opel-Spitze. Zudem lud der Außenminister und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier Betriebsräte von Autobauern ein. Opel mit seinen knapp 25.700 Beschäftigten droht, von der angeschlagenen US-Konzernmutter General Motors (GM) mit in den Abgrund gerissen zu werden.

Die Bitte von Opel um die Bürgschaft in Höhe von einer Milliarde Euro löste eine heftige Diskussion darüber aus, ob und wie dem Autohersteller geholfen werden soll.

100.000 Arbeitsplätze in Gefahr
Der deutsche Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer hat vor dem Verlust von 100.000 Arbeitsplätzen in Deutschland wegen der Krise bei General Motors und Opel gewarnt. Der Staat könne sich daher nicht einfach heraushalten, allerdings mache Hilfe für Opel nur Sinn, wenn auch die US-Regierung dem Mutterkonzern General Motors helfe, sagte Dudenhöffer im Bayerischen Rundfunk.

Selbstverständlich könne man "in so einer Situation, die in Deutschland mindestens 100.000 Arbeitsplätze betrifft, die Zulieferer nach unten reißen würde, nicht einfach sagen: Da hat der Staat nichts mit zu tun."

Deutsche Kredite für Opel seien aber sinnlos, wenn nicht der US-amerikanische Senat eine Rettungsaktion für General Motors beschließe. "Ohne US-Hilfe ist jede Hilfe in Deutschland nicht tragbar", sagte Dudenhöffer im ZDF-Morgenmagazin am Montag. Die mittleren und kleinen Zulieferer, die stärker von Opel und General Motors abhängig seien, würden bei einem Konkurs mitgerissen werden.

Deutsche Staatshilfe könnte versickern
Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Norbert Walter hat vor einem Versickern deutscher Staatshilfe bei einem möglichen Konkurs des Opel-Mutterkonzerns General Motors (GM) gewarnt. "Man muss, gerade bei der Internationalität des Problems bei General Motors und Opel, sorgfältig darauf achten, dass eine staatliche Hilfe mit deutschem Steuergeld nicht dazu führt, dass wir etwas in die Konkursmasse überweisen", sagte Walter im ZDF-Morgenmagazin. Ansonsten sei weder den Arbeitern bei Opel noch den europäischen Autokäufern geholfen.

Systemrelevante Fragen müsse zwar der Staat regeln, sagte Walter. Der Staat dürfe aber nicht den Versuch machen, die besseren Automodelle zu entwickeln. "Ich glaube nicht, dass die deutsche Automobilindustrie besonders schwach im internationalen Wettbewerb ist und besonders gefährdet. Die großen Amerikaner sind mehr gefährdet", sagte der Chefvolkswirt. Zudem sollte auch eine Lösung für die Zulieferer von Opel bedacht werden. "Auch darüber wird, wie ich weiß, im Finanzministerium nachgedacht", sagte Walter.

Deutscher Finanzminister lehnt pauschale Hilfen für Autoindustrie ab
Der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück hat generellen Hilfen für die heimische Autoindustrie eine klare Absage erteilt. Steinbrück sagte der "Bild"-Zeitung (Montagausgabe): "Ein generelles Konjunkturprogramm für die Automobilindustrie macht keinen Sinn. Der Staat kann die private Kaufkraft nicht ersetzen und ist auch nicht für die Fehler der Industrie verantwortlich."

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat für Montag den Opel-Chef, den GM-Europachef und den Betriebsratsvorsitzenden ins Kanzleramt eingeladen. Dabei soll es auch um die Bitten nach staatlichen Bürgschaften in Milliardenhöhe gehen. Am Dienstag wollen Steinbrück und Wirtschaftsminister Michael Glos mit den Ländern über mögliche Hilfen für Opel sprechen.

General Motors verkauft Suzuki-Beteiligung
Auf der Suche nach frischem Kapital verkauft der schwer angeschlagene US-Autobauer General Motors seine Beteiligung am japanischen Konkurrenten Suzuki. Der 3,2-Prozent-Anteil werde am Dienstag für umgerechnet 180 Mio. Euro verkauft, teilte Suzuki mit. Die Aktien werden demnach von Suzuki umgehend aufgekauft. "Ich verstehe die Notwendigkeit für General Motors, sich von den Anteilen zu trennen, um Kapital zu erhalten und ich habe entsprechend geantwortet", erklärte Suzuki-Chef Osamu Suzuki. Der Verkauf stelle die Partnerschaft der beiden Firmen nicht infrage.

Herauslösung aus GM-Konzern derzeit kein Thema
Eine Herauslösung von Opel aus dem kriselnden Mutterkonzern General Motors ist nach Unternehmensangaben derzeit nicht geplant. "Opel und GM sind ein Konzern. Alles andere ist Spekulation", sagte ein Opel-Sprecher am Montag in Rüsselsheim. Autoexperten hatten zuletzt eine Herauslösung als Möglichkeit erörtert, mit der Opel sich dem Abwärtssog der Mutter entziehen könnte.

IG Metall schließt Lohnverzicht zur Opel-Rettung nicht aus
Die IG Metall hat zur Rettung des Rüsselsheimer Autobauers Opel einen Lohnverzicht nicht ausgeschlossen. Die Belegschaft müsse zu einem zukunftssicheren Konzept beitragen, sagte der IG-Metall-Bezirksleiter Frankfurt, Armin Schild. "Möglicherweise bedeutet das weitere Lohnverluste (...) einer Belegschaft, die wie keine andere in den vergangenen Jahren schon verzichtet hat", sagte Schild.

Die Sicherung der Opel-Standorte habe oberste Priorität, sagte Schild. Danach folge die Sicherung der Arbeitsplätze und die Sicherung gegen betriebsbedingte Kündigungen. Aber auch die Politik und damit der Steuerzahler müssten dem Konzern aus der Krise helfen.

Brüssel bisher nicht informiert
Die EU-Kommission ist bisher nicht über eine mögliche Hilfe in Deutschland für den Autobauer Opel informiert worden. "Soweit ich weiß, gab es bisher keine Kontakte mit der deutschen Regierung", sagte der Sprecher von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes am Montag in Brüssel. Opel hatte den deutschen Staat um eine Milliarden-Bürgschaft gebeten. Üblicherweise müssen solche Hilfen in Brüssel zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen überprüft werden.

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