Neue Schulden
Leitl gegen Maastrichtgrenze als Dogma
02.11.2008
Der WK-Präsident findet, dass sich die Neuverschuldung im EU-Schnitt bewegen sollte. Die 3 Maastricht-Prozent sind ihm weniger wichtig.
Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl tritt für eine Diskussion über Budget und Defizit "ohne Ideologien und Dogmen" ein. Weniger das Maastricht-Kriterium von drei Prozent Defizit solle Richtschnur sein, sondern die Neuverschuldung im Verhältnis zum EU-Durchschnitt, sagte er am Sonntag im ORF. Schließlich würden auch die anderen EU-Länder von der Finanzkrise "erwischt" werden.
Für Pragmatismus
"Derzeit liegt unser Defizit im
EU-Durchschnitt, und wir sollten diesen Wert heranziehen und schauen, ob
Österreich dort bleibt oder abrutscht - und dann, ohne die Frage drei
Prozent ja oder nein, einen vernünftigen Weg gehen", so Leitls
Appell zu "Pragmatismus".
Konjunkturpaket vor Steuerreform
Ein Vorziehen der Steuerreform
sieht Leitl weniger dringlich als ein weiteres "Konjunkturimpulspaket":
"Die Tarifreform ist eine zweite Sache." Die Terminfrage
kommentierte er mit Verweis auf ein Doppelbudget 2009/2010 gelassen, "wenn
beides 2009 und 2010 umgesetzt werden soll, muss man das jetzt verhandeln:
Wenn man ein Doppelbudget hat, dann ist alles möglich."
Hilfspaket für Betriebe
"Für einen großen Schuldnerausfall
könnte die Regierung den Betrieben das bieten, was sie den Banken bietet",
kann sich der Kammerpräsident ein staatliches Hilfspaket vorstellen - in
Anlehnung an das Bankenrettungspaket. Auch wiederholte er seine Forderung
nach dem Aus der Kreditvertagsgebühren und mahnte die Energieversorger zu
maßvollen Preisen auch im Sinne der kleinen Firmen.
Vor den Knackpunkten
Den Regierungsverhandlungen attestierte
Leitl grundsätzlich Fortschritte, "man kommt jetzt zu den
Knackpunkten". "Ich gehe davon aus, dass jetzt die realistische
Möglichkeit besteht, anders als in den vergangenen zwei Jahren konstruktiv
miteinander zu arbeiten", meinte er zu den Chancen einer Neuauflage der
Großen Koalition.
Will nicht Minister werden
Ein Ministeramt strebt Leitl nicht
an: "Ich war zehn Jahre in einer Regierung und habe dort eine spannende
Zeit erlebt. Wiederholungen sind eher fad." Angesprochen auf
Wirtschaftsbund-Generalsekretär Karl-Heinz Kopf, der für die ÖVP das Kapitel
Wirtschaft verhandelt und als ministrabel gilt, meinte er: "Ich bin
stolz, dass ich Ihnen gleich Dutzende Namen aus dem Wirtschaftsbund nennen
könnte. Wir könnten eine ganze Regierung stellen. Karl-Heinz Kopf ist einer
von ihnen."