Wirtschaftskrise
"Lohnerhöhungen führen zu Kündigungen"
06.04.2009
IV-Präsident Veit Sorger plädiert weiterhin für ein Verschieben der Lohnrunden. Andernfalls würden Arbeitsplätze gefährdet.
Der Präsident der Industriellenvereinigung, Veit Sorger, hat angesichts massiver Auftragseinbrüche in der Industrie neuerlich eine Nulllohnrunde oder eine Verschiebung der Lohnverhandlungen gefordert. "Wenn es Lohnerhöhungen gibt, dann führt das zu Kündigungen", warnte der IV-Präsident Sonntag Abend in der ORF-TV-Sendung "Im Zentrum".
"Haben wir noch nie gehabt"
IHS-Chef Bernhard Felderer
unterstrich, dass die exportorientierte Industrie von der globalen Krise so
schwer getroffen worden sei, "wie wir das noch nie gehabt haben". Allerdings
müsse man die einzelnen Branchen differenziert betrachten und Lohnerhöhungen
könnten ja auch unterschiedlich hoch ausfallen, sagte Felderer.
"Lösungen müssen flexibel sein"
Nach Ansicht
von Wienerberger-Chef Wolfgang Reithofer wäre es notwendig, nicht nur
branchenspezifisch zu reagieren, sondern sogar auf betrieblicher Ebene
flexible Modelle und Lösungen zu erarbeiten, damit die Betriebe ihre Kosten
in den Griff bekommen. Seinem eigenen Unternehmen gehe es gut, sagte
Reithofer. "Das einzige Problem, das wir haben, ist der Markt. Es gibt
keinen Markt, und der wird noch deutlicher möglicherweise zurückgehen."
Reithofer regte eine Mehrwertsteuer-Senkung nach dem Vorbild Belgiens und
Frankreichs an, um Anreize für den Wohnbau zu schaffen. Mit einer Milliarde
zusätzlicher Bauleistung würden 12.000 Arbeitsplätze geschaffen,
argumentierte er.
Sorger happy mit Bankenpaket
IV-Präsident Sorger lobte die
teilweise Umwidmung des Bankenpakets, durch die der Industrie 10 Mrd. Euro
zur Verfügung gestellt werden sollen, neuerlich als einen "Meilenstein", den
der Finanzminister gesetzt habe. "Wir begrüßen das nachdrücklich", obwohl
der ursprüngliche Wunsch der Industrie nach Garantien für Anleihen nicht
erfüllt worden sei.
Felderer sorgt sich wegen Steuerreform
Auch IHS-Chef Felderer
fand lobende Worte für die Maßnahmen der Regierung. Das Bankenpaket habe den
Finanzmarkt stabilisiert und auch "von der Steuerreform halten wir sehr
viel", auch wenn man sich da mehr gewünscht hätte. Aber wegen des
Budgetdefizits "war wohl nicht mehr drin". "Alle diese Schulden, die wir
heute machen, sind die Steuern von morgen", warnte Felderer, der auch Chef
des Staatsschulden-Ausschusses ist. Die untere Grenze für das Defizit im
kommenden Jahr liege bei 4 Prozent des BIP, für heuer rechne man "bis jetzt"
mit 3,3 bis 3,5 Prozent - "wenn irgendetwas schlagend wird, wie zum Beispiel
die Kommunalkredit oder etwas ähnliches, springt das natürlich sofort
hinauf".
Bei den Schulden sei man von 58,4 Prozent des BIP in kurzer Zeit auf über 62 Prozent des BIP gesprungen und werde heuer sicher 65 Prozent überschreiten und mit hoher Wahrscheinlichkeit im kommenden Jahr 70 Prozent.
EZB und der Leitzins
EZB-Direktoriumsmitglied Gertrude
Tumpel-Gugerell wies darauf hin, dass die EZB in den letzten Monaten den
Leitzins bereits um insgesamt drei Prozentpunkte gesenkt habe und es gebe
immer noch Spielraum bei den Zinsen. Nach Ansicht von
Wienerberger-Vorstandschef Reithofer fällt jedoch angesichts der hohen
Aufschläge der Banken der niedrige EZB-Leitzins von 1,25 Prozent "fast nicht
ins Gewicht". Für Anleihen bezahle man derzeit fast 8 Prozent Zinsen.
Nach Ansicht von Bankenberater Josef Christl brauchen die Banken "größere Spreads, um bestimmte Risiken einzupreisen". Ein solches Risiko ist laut Felderer etwa in Osteuropa gegeben. "Die Ukraine wird schlimm werden für die Bank die dort am meisten involviert ist." Allerdings habe Raiffeisen International im letzten Jahr auch eine Milliarde Euro verdient. Schlecht sehe es auch in Rumänien aus.