ÖSTERREICH-Interview
Magna-Chef spricht Klartext über Opel
08.11.2009
Siegfried Wolf erzählt im ÖSTERREICH-Interview über den geplatzten Traum und über neue Pläne.
In der Nacht auf Mittwoch platzte Frank Stronachs Traum vom Opel-Kauf. Alteigentümer General Motors entschied sich überraschend, Opel doch nicht an Stronachs Magna-Konzern und dessen russischen Partner Sberbank zu verkaufen, sondern selbst zu behalten.
Rund sieben Monate hatten Magna-Chef Siegfried Wolf und sein Team praktisch Tag und Nacht für das Projekt Opel gearbeitet. Das hat nicht nur viel Kraft und Nerven, sondern auch Millionen Euro gekostet – und jetzt war alles umsonst.
„Blicken nach vorne“
Wolf selbst sieht das nicht ganz
so. „Es ist normal, dass man enttäuscht ist, wenn man sich monatelang so für
ein Projekt einsetzt und daran glaubt“, sagt Wolf, als ÖSTERREICH ihn im
Ausland am Handy erreicht. Aber so etwas gehöre eben zum Geschäftsleben und
„wir blicken schon wieder nach vorne“.
Fertiges Magna-Konzept
In Deutschland eskaliert indes die
Empörung über die Kehrtwende von GM. Zehntausende Opel-Mitarbeiter
protestieren mit Warnstreiks, Betriebsräte warnen offen vor „Krieg“. Großer
Polit-Streitpunkt ist, ob auch GM Milliarden-Staatshilfen bekommt, wie sie
für das Magna-Konzept zugesagt waren. Die deutsche Regierung will von den
Amerikanern erst einen Plan sehen.
„Wenn sie das Magna-Konzept mochten, werden sie auch unseres mögen“, ließ GM bereits in Richtung der Arbeitnehmer wissen. Immerhin können die Amerikaner jetzt die präzise ausgearbeiteten Magna-Pläne zur Grundlage ihrer eigenen Opel-Sanierung machen.
Demel doch zu Opel?
Möglicherweise holt GM sogar einen
Magna-Manager in die Opel-Chefetage. In Rüsselsheim und deutschen Medien
halten sich Gerüchte, dass Herbert Demel, der unter Magna Opel-Boss werden
sollte, trotz Platzen des Deals zu Opel nach Deutschland wechseln könnte.
Hier das gesamte Interview:
ÖSTERREICH: Herr Wolf, sind Sie enttäuscht, dass es mit Opel doch nicht geklappt hat?
Siegfried Wolf: Es ist, glaube ich, normal, dass man enttäuscht ist, wenn man sich monatelang so für ein Projekt einsetzt und daran glaubt. Es tut mir auch leid für die deutsche Politik, die uns über alle Parteigrenzen hinweg außerordentlich unterstützt hat und für unseren russischen Partner, der sich als ausnehmend verlässlich erwiesen hat. Und für die Opelaner, die zu großen Zugeständnissen bereit gewesen wären, um zu helfen, ihr Unternehmen zu retten. Wir hätten ein visionäres Konzept für Opel gehabt, und ich bedaure, dieses nun nicht umsetzen und wachsen sehen zu können. Aber wir blicken schon wieder nach vorne.
ÖSTERREICH: In Deutschland gibt es Stimmen, die verärgert sagen, GM hätte Magna und Opel getäuscht. Sehen Sie das auch so?
Siegfried Wolf: GM hat eine Entscheidung getroffen, die wir akzeptieren. Da hat natürlich jeder seine persönliche Sichtweise.
ÖSTERREICH: Empfinden Sie es als Rückschlag für Magna?
Siegfried Wolf:: Auch wenn GM sich leider plötzlich anders entschieden hat, so war es doch eindeutig ein Erfolg für unser Team, wie sich Magna im Zuge der Verhandlungen präsentiert hat. Regierungen, Entscheidungsträger und Gewerkschaften haben uns in ganz Europa als fairen und konstruktiven Verhandlungspartner mit Handschlagqualität schätzen gelernt. Das hilft uns künftig in unserem Kerngeschäft. Entscheidungen wie diese gehören eben zum Geschäftsleben. Das muss man akzeptieren.
ÖSTERREICH: Inwiefern beeinflusst dies nun die weitere Strategie von Magna?
Siegfried Wolf: Magna braucht keinen Plan B. Unser Kerngeschäft, das Zuliefergeschäft, hat ja unter den Opel-Plänen in keiner Weise gelitten. Unser Engagement für Opel hat sich ja eigentlich überhaupt erst ergeben, weil wir gebeten wurden, einen Kunden zu unterstützen.
ÖSTERREICH: Planen Sie nun, sich an einem anderen Autobauer zu beteiligen?
Siegfried Wolf: Die Branche befindet sich in einem massiven Umbruch. Sowohl im Bereich neuer Technologien, wie zum Beispiel Elektrofahrzeuge, als auch hinsichtlich neuer Märkte und im Bereich innovativer Kooperationen. Wir sehen uns hier weiter als richtungsweisend. Magna nützt den Konsolidierungsprozess in der Branche, um seine Wettbewerbssituation aktiv mitzugestalten und zu verbessern.