Vorstand, Aufsichtsrat und Aktionäre des schwedischen Lkw-Herstellers Scania lehnen MAN-Angebot ab. Analysten rechnen mit Aufbesserung.
MAN stößt mit seinem 9,6 Milliarden Euro schweren Kaufangebot für Scania auf harten Widerstand der beiden größten Eigentümer des schwedischen Lkw-Herstellers. Der Münchner Nutzfahrzeug- und Maschinenbauer muss damit möglicherweise tiefer in die Tasche greifen oder mehr MAN-Aktien statt Geld anbieten.
Scania sieht eine feindlichen Übernahme
Die beiden Scania-Großaktionäre Volkswagen und Investor, eine zum Imperium der schwedischen Industriellenfamilie Wallenberg gehörende Holdinggesellschaft, wiesen die MAN-Offerte postwendend zurück. Scania sprach von einem feindlichen Übernahmeversuch und äußerte sich verärgert über das unabgestimmte Vorpreschen des Konkurrenten. "Es ist niemals eine gute Strategie in einem Dialog, auf diese Weise vorzugehen", sagte eine Sprecherin.
MAN-Chef Hakan Samuelsson warb für das Angebot, das einen Aufschlag von mehr als einem Drittel auf den Scania-Aktienkurs der drei Monate bis zum 11. September bedeute. "Scania und MAN sind zwei sehr ertragsstarke Unternehmen, die industriell hervorragend zusammen passen", sagte er in Stockholm. "Wir sind überzeugt, dass dies die richtige Transaktion zum richtigen Zeitpunkt ist." Angesichts des Widerstands schloss der frühere Scania-Manager nicht aus, dass MAN auf seine Bedingung verzichten werde, 90 Prozent der Scania-Anteile zu erlangen.
MAN/Scania wäre weltweit Nummer drei
Durch den Zusammenschluss entstünde ein Konzern mit einem Anteil von knapp 30 Prozent am Markt für schwere Lkw in Europa. Damit würde MAN/Scania den Primus Volvo (zusammen mit der Renault-Lkw-Sparte über 25 Prozent) sowie DaimlerChrysler (20 Prozent) überrunden und weltweit zur Nummer drei aufrücken. Hauptsitz bliebe München. Standortschließungen seien nicht geplant, teilte MAN mit. Die Marken MAN und Scania sollen erhalten bleiben.
MAN sichert sich Anteile von Renault
Der Münchner Konzern bietet den Scania-Aktionären 9,6 Milliarden Euro, davon 7,5 Milliarden in bar. Gesichert hat sich MAN bislang nur den Anteil von Renault, die 5,2 Prozent der Stimmrechte hält. VW gehören 34 Prozent der Stimmrechte, die Wallenbergs kontrollieren über Investor sowie eine Stiftung über 29 Prozent, so dass die Übernahme letztlich von ihnen abhängt.
Verärgerung über Offerte
Investor erklärte, das Angebot spiegele nicht den vollen Wert und das Potenzial von Scania wider. In Finanzkreisen hieß es, Scania sei viel profitabler als MAN, weshalb die Kaufofferte Verärgerung ausgelöst habe. VW erklärte, die Scania-Beteiligung sei strategisch, eine Annahme des Offerts liege nicht im Interesse des Konzerns.
MAN-Chef Samuelsson machte deutlich, dass eine Änderung des Verhältnisses zwischen Aktien- und Barkomponente nicht geplant sei. "Wir haben den Anteilseignern das Angebot vorgelegt, und wenn sie sich das genauer angesehen haben, wird es am Ende breite Zustimmung finden", gab er sich zuversichtlich. MAN rechnet aus dem Zusammengehen mit Synergien von 500 Millionen Euro jährlich, die sich im dritten Jahr der Übernahme erstmals voll zeigen sollen.
Experten glauben an einen höheres Angebot
Wegen des Widerstands bei Scania führte die MAN-Aktie die Verliererliste im Dax an, der Kurs gab um fast fünf Prozent auf 61 Euro nach. Analysten rechnen mit einer Aufstockung der Offerte. "Das riecht förmlich nach einem höheren Preis", sagte Heino Ruland vom Handelshaus Steubing. Auch die Analysten des Bankhauses Merck Finck halten ein höheres Angebot für denkbar.
MAN in Österreich
MAN fertigt auch in Österreich Lkw - leichte in der größeren Fabrik im oberösterreichischen Steyr, Spezialfahrzeuge an ihrem Standort im Süden Wiens. In Steyr werden heuer rund 22.000 Lastwagen gefertigt, in Wien sind etwa 4.000 Stück geplant. Die MAN Nutzfahrzeuge Österreich AG erwirtschaftete 2005 mit rund 3.200 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 1,1 Mrd. Euro.