Das Defizit bei den ÖBB verdoppelt sich: Ein Experte schätzt: 840 Millionen Euro. In Sand gesetzte Spekulationsgeschäfte schlagen teuer zu Buche.
Den österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) droht 2008 ein Defizit, das noch viel schlimmer ausfallen könnte als selbst Pessimisten bis vor kurzem befürchtet haben. Wilhelm Haberzettl, der oberste Bahngewerkschafter, spricht in der Samstagsausgabe der Tiroler Tageszeitung (TT) davon, dass "uns das Finanzergebnis zusammenbrechen wird" und dass der Konzernverlust im vergangenen Jahr 640 bis 840. Millionen Euro erreichen könnte. Derzeit arbeiten die Wirtschaftsprüfer noch, die Zahlen 2008 werden offiziell erst im Mai vorgelegt.
Spekulationsgeschäfte
Bisher war in der Öffentlichkeit
damit gerechnet worden, dass der ÖBB-Konzern Rückstellungen von 438 Mio.
Euro aus den schief gegangenen Spekulationsgeschäften bilden muss, dass
darüber hinaus aber keine großen Belastungen mehr auftauchen. Nun aber
spricht Haberzettl von Abwertungen, die mit fast noch einmal so viel auf die
Ergebnisrechnung durchschlagen könnten. "Momentan streiten die
Bilanzprüfer über das Ausmaß dieser Wertminderung, aber es wird bei 200 bis
400 Millionen Euro liegen", sagt der auch im ÖBB-Aufsichtsrat sitzende
Vize der Gewerkschaft Vida in der Zeitung.
Der neue Finanzvorstand Josef Halbmayr, hatte nach seinem Amtsantritt im Dezember 2008 angekündigt, reinen Tisch machen und mit einem Schlag die auf Beratung der Deutschen Bank angeschafften Collateralized Debt Obligations (CDO) wertberichtigen zu wollen. Davon abgesehen werde die ÖBB 2008 "operativ" aber einen kleinen Gewinn schreiben, hatte der Finanzvorstand versichert. Laut Haberzettl in der TT wird dies erreicht. Welche Posten genau das ÖBB-Finanzergebnis 2008 zusätzlich in die Tiefe ziehen, sagte Haberzettl nicht.
Reaktion
In einer ersten Reaktion hat der Konzern den Bericht
korrigiert: Wie ÖBB-Kreise versicherten, soll der Verlust bei 400 bis 500
Millionen Euro liegen.
ÖBB-Sprecher Alfred Ruhaltinger wollte auf die von Haberzettl in die Diskussion geworfenen Zahlen nicht eingehen und verwies auf die noch andauernden Arbeiten an der Bilanz. "Es stimmt aber, dass wir nach IFRS einen Abwertungsbedarf auf das Anlagevermögen haben. Wir sind zusammen mit den Wirtschaftsprüfern dabei, zu erheben, wie hoch er ist", sagte Ruhaltinger