Sieg für EU
Microsoft muss 497 Mio zahlen
16.09.2007
Ein EU-Gericht wies den Einspruch von Microsoft gegen die Kartellstrafe zurück.
Der US-Konzern Microsoft hat seine Klage gegen die EU-Kommission verloren. Das Europäische Gericht erster Instanz bestätigte am Montag in Luxemburg eine Geldstrafe über 497 Mio. Euro gegen den Software-Riesen. Auch die von der EU-Kommission verhängten wettbewerbsrechtlichen Auflagen wurden bestätigt. Die Kommission begrüßte das Urteil. Microsoft kündigte eine sorgfältige Prüfung der Entscheidung an. Ob der Konzern in Berufung gehen werde, sei noch unklar, sagte Microsoft-Hausjurist Brad Smith.
Microsoft soll marktbeherrschende Stellung missbraucht haben
Das
Europäische Gericht erster Instanz folgte der Argumentation der Brüsseler
Wettbewerbshüter, dass Microsoft seine marktbeherrschende Stellung
missbraucht habe. Die Verknüpfung des Microsoft-Betriebssystems Windows mit
der Server-Software des Konzerns berge die Gefahr, "dass der Wettbewerb
zunichtegemacht wird", erklärte das Gericht. Auch andere Hersteller von
Server-Software müssten Windows-kompatible Produkte anbieten können, um auf
dem Markt eine Chance zu haben. Die Kommission habe daher zurecht
angeordnet, dass Microsoft seinen Konkurrenten Informationen über die
Schnittstellen von Windows zur Verfügung stellen müsse.
Vorteile durch Media Player
Auch die Anordnung der Kommission,
Microsoft müsse das Betriebssystem Windows ohne die Video- und
Audio-Abspielsoftware Media Player anbieten, wurde von den Luxemburger
Richtern bestätigt. Die Verknüpfung des Media Player mit dem
allgegenwärtigen Betriebssystem Windows verschaffe Microsoft "einen
unschätzbaren Vorteil beim Vertrieb seines Produkts", erklärte die
Große Kammer unter Vorsitz von Gerichtspräsident Bo Vesterdorf. Die Auflage,
Microsoft müsse Kunden die Wahl lassen, ob sie Windows und den Media Player
gemeinsam erwerben wollten, sei deshalb gerechtfertigt.
Microsoft bekommt nur in einem Punkt recht
Microsoft konnte sich
in dem Rechtsstreit nur in einem einzigen Punkt durchsetzen: Die EU-Richter
befanden die Entscheidung der Kommission für nichtig, für die Überwachung
der wettbewerbsrechtlichen Auflagen einen unabhängigen Beauftragten zu
berufen, den Microsoft bezahlen sollte. Hierfür gebe es keine
Rechtsgrundlage, erklärte das EU-Gericht.
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"Wir sind auf weitere Bemühungen eingestellt, die heutige Entscheidung umzusetzen und sie zu respektieren", versicherte er. Dies bedeute jedoch nicht, dass Microsoft auf Rechtsmittel gegen das erstinstanzliche Urteil verzichte. "Obwohl es immer eine Menge Aufregung in diesen Fällen gibt, sollte man erst einmal lesen, dann nachdenken und dann entscheiden."
An der "Verpflichtung von Microsoft gegenüber Europa" werde sich nichts ändern. In den knapp neun Jahren des Streits mit der EU-Kommission sei die Zahl der Beschäftigten in Europa von 3.900 auf 13.000 gestiegen, die Forschungsinvestitionen von drei auf fast 500 Mio. Dollar (361 Mio. Euro). "Wir hoffen, die technologische Entwicklung hoffentlich weiter voranbringen und mehr Arbeitsplätze auf diesem Kontinent (Europa) schaffen zu können."
Reduzierung des Marktanteils so schnell wie möglich
Die
EU-Kommission erwartet nach dem heutigen Urteil im Streit mit dem
US-Softwarekonzern Microsoft, dass dieser seinen Marktanteil bei
Betriebssystemen reduziert. "Ein Marktniveau von viel weniger als 95 Prozent
wäre eine Möglichkeit den Erfolg zu messen", sagte Wettbewerbskommissarin
Neelie Kroes am Montag in Brüssel. Es sei nicht wichtig dass es "genau 50
Prozent" seien, die Kommission erwarte aber "eine deutliche Reduktion des
Marktanteils", sagte die oberste Wettbewerbshüterin der EU. Bis wann das
umgesetzt sein müsse, sagte sie nicht: "Je früher, desto besser".
EU sieht Stärkung der Wettbewerbsregeln
Die Europäische
Kommission hat das Urteil als Stärkung der Wettbewerbsregeln begrüßt.
EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes nannte die Entscheidung am Montag in
Brüssel einen Präzedenzfall für die Verpflichtungen dominanter Konzerne.
Microsoft müsse die Entscheidung der EU-Kommission nun konsequent umsetzen.
Dies werde die Brüsseler Behörde sichern.
Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso erklärte, die Entscheidung des EU-Gerichts Erster Instanz bestätige die Objektivität und Glaubwürdigkeit des EU-Wettbewerbsrechts. Das Urteil schütze zudem die europäischen Verbraucher und sichere einen fairen Wettbewerb im EU-Binnenmarkt. Das Luxemburger Gericht hatte am Morgen die Kartellstrafe der Kommission gegen Microsoft wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung in wesentlichen Punkten bestätigt.
Konkurrierende Hersteller sehen Urteil als Auflage
ECIS, eine
Interessenvertretung konkurrierender Software-Hersteller wie Adobe, IBM und
Oracle, wertete das Urteil als klare Auflage für Microsoft, künftig die
Schnittstelleninformationen offenzulegen. Das Urteil sei ein Meilenstein für
den Wettbewerb, begrüßte die in der FSFE vertretenen Entwickler von
Umsonst-Software die Entscheidung. Diese könne allerdings nur ein erster
Schritt sein: So versuche Microsoft mit der Einführung eines neuen
Datei-Format für Büroanwendungen erneut, die Bemühungen um die
Standardisierung und damit die Zusammenarbeit von Programmen konkurrierender
Hersteller zu unterlaufen.