Die Preisreduktion für Milch und Milchprodukte bei den Lebensmittelketten treibt die Bauern auf die Barrikaden.
Nach den jüngsten Preissenkungen im Handel bei Milch und Butter sind die Milchbauern wieder in Alarmstimmung. Zumal schon einige Molkereien angekündigt haben, jetzt auch den Bauernmilchpreis, den sie ihren Lieferanten zahlen, wieder zu senken. Die IG Milch, eine Interessengemeinschaft von rund 6.000 Milchbauern, droht jetzt mit einem Lieferboykott.
Gut für Konsumenten
Vor zwei Wochen hat der Diskonter Hofer
den Preis für 1 Liter Vollmilch von 89 auf 85 Cent und für ein Viertel
Butter von 1,39 auf 1,29 Euro gesenkt. Rewe und Spar haben daraufhin
ebenfalls Preissenkungen angekündigt.
Schlecht für Bauern
Die Milchbauern fürchten um ihre
Existenz. Laut IG Milch werden ab einem Konsumenten-Milchpreis unter 1 Euro
Familienbetriebe zerstört. Bei einem Bauernmilchpreis von zuletzt rund
40 Cent je Liter netto hatte man endlich ein Niveau erreicht, wo sich die
Produktion für die Bauern rentiert.
Europaweiter Boykott möglich
Die IG Milch fordert daher von
den Handelskonzernen, die jüngsten Preissenkungen rückgängig zu machen und
die überhohen Spannen an die Bauern weiterzugeben. Andernfalls will man sich
wehren. Ein europaweiter Lieferboykott steht im Raum. IG-Gründungsmitglied
Ernst Halbmayr ist auch Mitglied im European Milk Board. Nächsten Donnerstag
soll bei einem Milchgipfel in Berlin die Vorgehensweise besprochen werden.
Kartell der Molkereien
Eine weitere Front, an der die IG Milch
derzeit kämpft, sind angebliche Absprachen unter den Molkereien, von den von
der IG geplanten Liefergemeinschaften keine Milch abzunehmen. Auch
Milchhändler und ausländische Molkereien sollen unter Druck gesetzt worden
sein, so vorzugehen. Die IG hält das für eine aufklärungswürdige
Kartellbildung.
Jedes Jahr können die Milchbauern die Lieferverträge mit ihren Molkereien kündigen, jeweils Ende Februar. Die IG Milch wollte diesmal den Rohstoff ihrer Mitglieder mit Beginn des neuen Milchjahres sammeln und meistbietend auf den Markt bringen. Die IG Milch schickte allen Molkereien Einladungen zu Preisverhandlungen, doch die haben abgelehnt.
IG will mehr Bauern erreichen
Eine Molkerei in Bayern hatte
angeblich auf Druck einer heimischen Molkerei ihre ursprüngliche Zusage
wieder zurückgezogen. Damit können die österreichischen Molkereien ab
1. April, dem Beginn des nächsten Milchwirtschaftsjahres, wieder auf ihre
gewohnte Rohstoffbasis zurückgreifen, weil nicht viele Milchbauern zur IG
gewechselt sind. Die IG hofft nun, nächstes Jahr einen höheren Bündelungsgrad
zu erreichen.
In Österreich hat sich die Zahl der Milchbauern seit dem EU-Beitritt auf 43.500 nahezu halbiert.