Die IG-Milch ruft zu einem "Bauernaufstand" zur Unterstützung des von Frankreich ausgehenden Streiks auf.
Ab sofort wird es auch in Österreich einen Milchstreik geben. Die Milch bleibt auf den Höfen. Die IG-Milch hat bei einer Versammlung am Samstag bei der Rieder Messe in Oberösterreich einen "Bauernaufstand" zur Unterstützung des von Frankreich ausgehenden europaweit anlaufenden Milchstreiks beschlossen.
Lieferboykott Juni 2008
Der IG-Milch gehören rund 4.000 der an
die 40.000 österreichischen Milchbauern an. Sie hat bereits im Juni 2008
wegen des zu niedrigen Milchpreises zu einem Lieferboykott aufgerufen.
Während ihre Funktionäre davon sprechen, dass wegen des Streiks zwei Drittel
der Milch nicht geliefert worden seien, sprachen die Molkereien von keinen
großen Auswirkungen.
Autobahnsperren am Montag
Nun will die IG-Milch ab sofort einen
Milchstreik samt diversen Begleitaktionen durchführen. Unter anderem ist an
Traktorenauffahrten und Milchverschenkungsaktionen gedacht. Wegen der
geplanten Protestaktionen sperrt die Asfinag am Montagvormittag
vorübergehend mehrere Autobahn-Teilstücke in der Steiermark und in
Oberösterreich. Zwischen 10:00 und 11:30 Uhr betroffen sind die
Pyhrn-Autobahn (A 9), die Semmering-Schnellstraße (S 6) und die
Murtal-Schnellstraße (S 36).
Konkret wird es zu folgenden Sperren und Umleitungen kommen: Am Knoten St. Michael auf der A 9 aus Linz kommend, sind die Richtungen Wien, Klagenfurt und St. Michael nicht befahrbar. Die Ableitung des Verkehrs erfolgt in Traboch. Ebenfalls gesperrt ist auf der A 9 von Graz kommend die Richtung Wien, die Umleitung führt über die die Brucker Schnellstraße (S 35). Auf der S 6 ist die Fahrtrichtung Graz von Bruck kommend gesperrt. Die Umleitung führt ebenfalls über die S 35. Weiters ist die Richtung St. Michael Fahrtrichtung Graz auf der S 36 nicht möglich. Die Umleitung führt auch hier über die S 35. In Fahrtrichtung Salzburg erfolgt die Ableitung von der S 36 bereits in St. Stefan ob Leoben. |
ÖVP-Bauern kamen nicht
Rund 500 Milchbauer der IG waren zu
einer Versammlung zusammengekommen, um den Streikbeschluss zu fassen. An die
Wände des Saales waren Transparente mit der Aufschrift "Politik
ohne Hausverstand ruiniert Bauernstand" und "Wir fordern
Ehrlichkeit von der Agrarpolitik" aufgestellt. Etliche Bauern im
Publikum machten ihrem Ärger über den zu niedrigen Milchpreis und die EU
Luft, der sie die Schuld für ihre Situation gaben. In Statements forderten
Bauernvertreter der SPÖ, der FPÖ, der Grünen und des BZÖ Veränderungen in
der Agrarpolitik. Der ÖVP-Bauerbund kam trotz Einladung nicht.
"Können unsere Rechnungen nicht zahlen"
IG-Milch-Obmann
Ewald Grünzweil meinte, für die Milchbauern gebe es mit dem aktuellen
niedrigen Produzentenpreis keine Perspektive. Sie könnten ihre Rechnungen
nicht mehr bezahlen.
Gigantische Mengen eingelagert
Der Chef des Bundesverbandes
Deutscher Milchviehhalter Romuald Schaber erklärte als Gast, die EU verwende
Steuergeld für Exporterstattungen und Einlagerung. Innerhalb eines halben
Jahres seien 500.000 Tonnen Butter und Milchpulver eingelagert worden. Das
seien die höchsten Lagerbestände seit 1992. Damit sei man aber in der Lage,
den Milchpreis für die Bauern niedrig zu halten. Denn kaum steige er an,
würden die Lager geräumt und er sinke wieder. Die EU-Agrarpolitik sei
nunmehr gescheitert.
Schaber verlangte eine Monitoring-Stelle. Sie soll aktuelle Marktanalysen erstellen und die Produktionskosten ermitteln, um die Mengen steuern und eine Vollkostendeckung erreichen zu können. Außerdem sollte es einen Zusammenschluss der Bauern als Gegenüber der großen Lebensmittelkonzerne geben, um in Augenhöhe auftreten zu können. Weiters verlangte er eine unterstützte freiwillige Mengenstilllegung.
Europa streikt
In einem Überblick berichtete die IG-Milch, dass
in Frankreich 40 Prozent der Milchbauern im Streik seien, das entspreche
rund 30.000 Betrieben. Luxemburg und Belgien befänden sich ebenfalls im
Streikgeschehen. In Deutschland - wo aus rechtlichen Gründen nicht zu einem
Boykott aufgerufen werden dürfe, sei die Beteiligung steigend. Ab Montag
würden sich auch Betriebe in der Schweiz und in Italien beteiligen.
ÖVP-Bauernbund gegen Protest
Der ÖVP-Bauernbund lehnt den
Milchstreik ab. Er sei keine Lösung und "somit kein gangbarer Weg
für uns", so Bauernbund-Präsident Fritz Grillitsch. Ein Streik
fördere nur Spekulationen auf dem Spotmarkt. Die lachenden Dritten wären die
Spekulanten, die auf Kosten der Bauern Gewinne einstreiften, glaubt
Grillitsch.
Mit Supermärkten reden
Der Bauernbund-Chef zeigt jedoch
auch Verständnis, "dass die österreichischen Bauern aufgrund der
existenziell bedrohlichen Situation aufgewühlt sind". Er kündigte
daher für kommende Woche Gespräche mit Lebensmittelketten an: "Wir
werden mit Spar, Rewe und Hofer reden."