Keine Panik
Mitterlehner findet Gas-Verordnung nicht nötig
07.01.2009
Dem Wirtschaftsminister zufolge ist die Gasversorgung bis auf Weiteres gesichert. Für den Ernstfall sind Krisenmaßnahmen vorbereitet.
Am Nachmittag hat sich in Wien der Energielenkungsbeirat unter der Leitung von ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner zusammengesetzt - das sind Vertreter der E-Control, mehrerer Ministerien, der Sozialpartner, der Industriellenvereinigung, der Bundesländer sowie der Gas-, Öl- und Kohleversorger. Fazit: Obwohl Russland über die Ukraine kein Gas mehr nach Europa liefert, ist die Versorgung in Österreich bis auf Weiteres durch Gasspeicher, die Inlandsproduktion und Importe aus Westeuropa sichergestellt.
Industrie wird aktiv
Die Industrie - sprich die Großkunden -
versucht nun, mit den Lieferanten gemeinsam etwaige Verbrauchsspitzen zu
optimieren. Der Gasbedarf für Haushalte und Gewerbe ist laut Mitterlehner
keinesfalls betroffen und für drei Monate über die Heizperiode hinaus
sichergestellt.
Keine Verordnung
Daher erachtet der Wirtschaftsminister derzeit
eine Verordnung als nicht notwendig. Nicht einmal eine weitere Sitzung des
Energielenkungsbeirats ist vereinbart. Die E-Control hat trotzdem
Krisenmaßnahmen für den Ernstfall vorbereitet. Dazu zählt auch das
Zwangsabschalten von Industrieanlagen. Die E-Wirtschaft stellt ihrerseits
schon Kraftwerke von Gas- auf Ölbetrieb um.
Für erneuerbare Energien
Bundeskanzler Werner Faymann
schließt nicht aus, dass es in Österreich zu Reduktionen für die Industrie
kommen kann, nicht aber für die Haushalte. Faymann hält es angesichts der
Gaskrise für nötig, die erneuerbaren Energien wie Wasserkraft oder
Sonnenenergie auszubauen. In Sachen Atomenergie bleibt der Sozialdemokrat
ablehnend. Die Grünen pochen ebenfalls auf eine Energiewende, genauso wie
die Umweltschutzorganisation Global 2000.
Montag wird kritisch
"Derzeit sind wir ausreichend versorgt
- jedenfalls bis Sonntag", verweist Energie-Control-Gasexperte Michael
Schmölzer auf die gut gefüllten Erdgaslager. Auch sei der Verbrauch
angesichts der Fenstertage derzeit nicht hoch. "Wir fürchten uns aber
vor der Montagsspitze am 12. Jänner." Kritisch könnte es nämlich
dann werden, wenn der Verbrauch auf mehr als 1,7 Mio. m3 pro Stunde steigt,
das ist die maximale Menge, die die Gaslager hergeben.
Zwangsabschaltungen denkbar
Zuletzt lagen die Verbrauchsspitzen
meist zwischen 1,3 und 1,6 Mio. m3 pro Stunde, "wir kommen also noch
recht gut aus", so Schmölzer. Sollte allerdings am kommenden Montag der
Bedarf plötzlich auf 2 Mio. m3 pro Stunde oder mehr zu klettern drohen,
müssten unverzüglich Notvorkehrungen bis hin zu Zwangsabschaltungen gesetzt
werden - alles unter der Voraussetzung, dass weiter kein Gas aus Russland
kommt.
Deutschland besser versorgt
Deutschland habe den Vorteil, dass
Erdgas physikalisch auch aus den Niederlanden und Norwegen bezogen wird,
betont Schmölzer. Von der vergleichsweise guten Versorgungslage in
Deutschland profitieren Vorarlberg und Tirol, so der E-Control-Experte: "In
Ostösterreich importieren wir physisch Erdgas nur über Baumgarten aus
Russland." Normalerweise kämen 100 Prozent der heimischen Gasimporte
bzw. 80 Prozent des österreichischen Gasaufkommens physikalisch über die
Ukraine.
Preise werden fallen
Trotz der Gaskrise werden die heimischen
Tarife wie versprochen in einigen Bundesländern demnächst herabgesetzt. Das
haben die betreffenden Länderversorger bekräftigt. Günstiger wird Gas in
Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, der Steiermark und Tirol. Gleich
bleiben die Preise in Salzburg, Kärnten und Vorarlberg. In Burgenland hat
man sich noch nicht festgelegt.
Rumänien im Versorgungsnotstand
Von den geringeren
Gaslieferungen aus Russland sind fast alle EU-Mitgliedsländer betroffen.
Rumänien hat nach dem Versiegen der russischen Gasquelle den Notstand im
Energiesektor ausgerufen. Damit darf der Versorger Transgaz verschiedenen
Verbrauchern Einschränkungen auferlegen. Rumäniens gespeicherte Gasreserven
reichen für maximal 80 Tage.
Slowakei reaktiviert Bohunice?
Die Slowakei will womöglich das
stillgelegte Atomkraftwerk Jaslovske Bohunice wieder in Betrieb nehmen. Der
letzte Block des westslowakischen Kraftwerks war zum Jahreswechsel vom
Netz gegangen. Die Abschaltung war eine Bedingung für den Beitritt der
Slowakei zur EU im Jahr 2004. Ein Ausbau
mit neuen Reaktoren wird seit Monaten geplant.
Russland und der Ukraine sind bereit, internationale Beobachter im aktuellen Gasstreit zu akzeptieren. Am Donnerstag werden die beiden Länder ihre Verhandlungen in der Sache wieder aufnehmen. Am Montag ist ein Sondertreffen der EU-Energieminister angesetzt.