Großer Streit im ORF: „Konkret“-Star Claudia Reiterer macht (vom ORF genehmigt) Werbung. Jetzt wird ein absolutes Werbeverbot überlegt.
Es brodelt gewaltig im ORF-Zentrum. Die TV-Mitarbeiter sind stinksauer. Grund: Täglich preist Dancing Star und Konkret-Moderatorin Claudia Reiterer in TV-Werbespots und auf Plakatwänden die Vorzüge des AMA-Gütesiegels an. Sie wirbt also für heimische Milchprodukte, Fleisch und Obst.
Kollegen sind entzürnt: Ihnen werden großteils solche Aktivitäten untersagt. Denn das ORF-Gesetz verbietet allen, die Info-Sendungen moderieren oder für solche journalistisch tätig sind, jede Art der Reklame (siehe rechts).
Kaum ein Kantinengespräch vergeht derzeit ohne Diskussion über Reiterers Engagement. ORF-Kommunikationschef Pius Strobl: „Reiterer hat die Sendeleitungsfunktion aufgegeben, sie moderiert nur mehr und ist nicht mehr journalistisch tätig – damit liegt keine Unvereinbarkeit vor.“ Reiterer bekam eine Genehmigung von ORF-General Alexander Wrabetz.
Das beruhigt die aufgebrachten Redakteure nicht. Denn aufgrund ihrer Popularität werden vielen ORF-TV-Stars Werbeverträge angeboten, die sie absagen müssen. Sie meinen, es gebe eine „Zweiklassen-Gesellschaft“ unter ORFlern.
300.000 Euro für ein Jahr als Werbe-Testimonial
Lukrativ
sind solche Angebote allemal. Insider sprechen von 300.000 Euro jährlich für
einen ORF-Star, der als Sprachrohr agiert. Prominente Namen finden sich
unter denen mit solchen Verträgen. Ö3-Wecker Robert Kratky verdoppelt wohl
sein ORF-Gehalt mit Zusatzjobs. Vor Jahren warb er für OMV, aktuell ist er
das Gesicht zur UPC-Kampagne. Vera Russwurm hatte einen Millionen-Deal mit
Billa. Karlich-Ersatz Dorian Steidl warb für den Universal Versand.
Doch bisher gab es keinen ORF-Moderator als Werber, der eine Info-Sendung präsentierte – es waren Unterhaltungsmoderatoren. Kaum denkbar, dass Armin Wolf oder Ingrid Thurnher für ein Auto werben würden.
Doch auch ZIB-Stars werden intern kritisiert. Sie lassen sich für Firmen-Events oder Galas anmieten. Für ein paar Tausend Euro pro Abend moderieren sie Firmenfeiern, etwa von Mobilfunkern oder Banken. Kritiker meinen, das sei eine ebenso grobe Verletzung der Unabhängigkeit wie Reiterers Spots.
Jetzt steigen die eigenen Kollegen auf die Barrikaden: Der Redakteursrat wünscht sich ein totales Werbeverbot für alle Mitarbeiter. ORF-Boss Alexander Wrabetz überlegt derzeit ernsthaft eine strengere Regelung...
Strenge Regeln für Journalisten Nur wer absolut nichts mit Redaktionellem zu tun hat, darf kräftig abkassieren. Das ORF-Gesetz sagt in seinen Werbegrundsätzen (§ 14) ganz klar in Absatz 3: „In der Werbung dürfen weder im Bild noch im Ton Personen auftreten, die regelmäßig Nachrichtensendungen und Sendungen zum politischen Zeitgeschehen vorstellen oder die regelmäßig als programmgestaltende und journalistische Mitarbeiter des Österreichischen Rundfunks sonstige Sendungen moderieren.“ Im Klartext: Nur jene ORF-Stars, die mit redaktionellen Angelegenheiten absolut nichts zu tun haben, dürfen sich in der Welt der Werbung ein schönes Zubrot verdienen. Beispiele: Dancing-Stars-Moderatorin Mirjam Weichselbraun oder Mr. Millionenshow Armin Assinger dürfen mit gutem Recht ihre Bekanntheit für Spar bzw. Hervis vergolden. Ein völliges Tabu wäre hingegen ein Werbevertrag für Moderatoren wie Armin Wolf, Ingrid Thurnher (ZIB2) oder Roman Rafreider (ZIB24). Hintergrund des Gesetzes: Mit dem Verbot soll verhindert werden, dass bei der Gestaltung einer Sendung Interessenkonflikte entstehen. Etwa, wenn die ZIB negativ über eine der genannten Firmen berichten sollte. Bei Claudia Reiterer (sie moderiert die Konsumentensendung „Konkret“) wurde diese Regel elegant umschifft: Im Fall eines Berichts über die AMA müsste sie einfach vertreten werden. |