Keine Kündigungen?

ÖBB schließt Postbus-Werkstätte in Wien

17.03.2009

Gewerkschaft warnt vor der Zerschlagung des Unternehmens.

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Der Aufsichtsrat der Postbus GmbH wird am Dienstag den formellen Beschluss fassen, eine große Werkstätte in Wien-Erdberg zuzusperren. Damit will der Postbus sein Betriebsergebnis um 1 Mio. Euro pro Jahr verbessern, Kündigungen soll es keine geben. Der Betriebsrat läuft trotzdem dagegen Sturm und hat für heute eine Demonstration angemeldet.

Am Montagabend verteidigte Postbus-Geschäftsführer Christian Eder erneut das Vorhaben des zum ÖBB-Konzern gehörenden Busunternehmens. Die heute überdimensionierte Einrichtung hatte ursprünglich dazu gedient, die gesamte Fahrzeugflotte der Post zu warten. Ab Mitte des Jahres wird mit der Verlegung begonnen, gegen Jahresende soll Wien-Erdberg geräumt sein. Danach wird das verkauft oder "anderweitig genutzt".

Keine Kündigungen?
Von den 156 Beschäftigten des Standorts sind laut Management 94 Fahrer, für die sich nichts ändert, außer dass sie ihren Bus nach Dienstende woanders abstellen müssen. Vom Rest - hauptsächlich Beschäftigte in der Werkstätte - sollten 36 in den ÖBB-Konzern übernommen werden, die übrigen will man anderweitig im Postbus beschäftigen. Von den 36 Beschäftigten dürfen 13 aus dienstrechtlichen Gründen nicht (gegen ihren Willen) in den ÖBB-Konzern versetzt werden.

Gewerkschaft warnt
Der Betriebsrat und die Postgewerkschaft sehen im Schließungsbeschluss den Versuch einer Zerschlagung des Unternehmens und werfen dem Management vor, mit der Kostensenkungsaktion "Bilanzkosmetik" betreiben zu sollen.

Kräftiges Minus
Tatsächlich wird ein schief gegangenes Finanzgeschäft das ausgeglichene operative Ergebnis 2008 in einen tiefroten Nettoverlust verwandeln. Es handelt sich dabei um sogenannte Cross-Border-Leasing-Geschäfte (CBL) auf Postbusse, die von den im vergangenen Herbst pleitegegangenen Lehman Brothers herausgegeben wurden. Mit diesen ehemals beliebten Konstruktionen haben viele öffentliche Unternehmen versucht, eine Lücke im US-amerikanischen Steuersystem profitabel zu nutzen. Anders als die 613 Mio. Euro an "CDOs", die 2008 vermutlich mehrere hundert Millionen Euro Verlust im ÖBB-Konzern verursacht haben, sind die Postbus-Millionen nicht Marke Eigenbau. Die Kontrakte sind vom früheren Eigentümer, der Post, zu verantworten.

Probleme durch Liberalisierung
Das größte Busunternehmen der Alpenrepublik spürt aktuell keine bzw. höchstens marginale Auswirkungen aus der Wirtschaftskrise, sagte Manager Eder. Mehr Probleme bereite die schrittweise Liberalisierung des Busverkehrs seit 2006. Dies führe dazu, dass man mit 30 Prozent höheren Personalkosten (70 Prozent der Postbus-Belegschaft sind Beamte) gegen Private fahren müsse, die ihren Fahrern viel weniger zahlten. Anders als bei der Post hat die ehemalige Tochter nicht die Verpflichtung, ihre Dienstleistung flächendeckend in Österreich anzubieten.

Der Postbus beschäftigt aktuell 3.885 Mitarbeiter und hat mit ihnen im vergangenen Jahr 383 Mio. Euro Umsatz gemacht. Insgesamt setzt er 2.100 Busse ein, sein Marktanteil im ländlichen Raum beträgt rund 70 Prozent.

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