Der durchschnittliche Kassastand der Bundesfinanzierungsagentur hat sich von 2002 bis 2007 auf 16,67 Mrd. Euro mehr als verdreifacht.
Die Bundesfinanzierungsagentur hat bis zum Ausbruch der Finanzkrise 2007 die Bundesgelder nicht nur relativ einseitig veranlagt sondern offenbar auch extra "Spielgeld" aufgenommen. Das sagt der Rechnungshof. Die Kritik in Zahlen: Während in den Jahren bis 2002 der durchschnittliche Kassastand der ÖBFA bei knapp 5 Mrd. Euro lag, kletterte er 2007 auf 16,67 Mrd. Euro. Den Höchstwert erreichte der Kassastand im Oktober 2007 mit 26,84 Mrd. Euro - wobei die Veranlagungen in hochriskanten Papieren zu diesem Zeitpunkt bereits zurückgefahren wurden.
Die Bundesfinanzierungsagentur ist für das öffentliche Schuldenmanagement zuständig. Der Kassastand oder sogenannte Kassenstärker dient als Vorsorge, um die Zahlungsfähigkeit des Bundes jederzeit aufrechtzuerhalten. Die Rechnungshofprüfer kritisieren aber, dass die Höhe der Kassamittel im Prüfzeitraum 2002 bis 2007 "nicht nur durch wirtschaftliche Notwendigkeiten bestimmt war, sondern auch der Erzielung zusätzlicher Einnahmen dienen sollte".
Der RH hatte bereits in einem früheren Bericht kritisiert, dass die Gelder für kurzfristige Veranlagung - Kassenstärker - "an die Grenze des haushaltsrechtlichen Begriffes des Kassenstärkers gelangt war". Durch den deutlichen Anstieg dieser Mittel und vor allem die in weiterer Folge entstandenen Probleme durch Veranlagungen in Risikopapieren sieht sich der RH nun in seiner Ansicht bestätigt.
Finanzministerium und ÖBFA weisen die Kritik zurück und betonen in ihrer im RH-Bericht enthaltenen Stellungnahme, alles hätte den gesetzlichen Regelungen entsprochen und verweisen auf Anfang 2008 beschlossene Einschränkungen für Kassamittel sowie die beinahen Liquiditätsengpässe Ende 2008, am Höhepunkt der Bankenkrise. Der RH sieht das nicht so: Zwar sei alles im Rahmen der Gesetze und sei es gerechtfertigt, zusätzliche Mittel für besondere Umstände, wie Ende 2008 zu halten. "Die teilweise sehr hohen Kassastände der Vergangenheit" seien jedoch nicht nur für solche Krisensituationen gehalten worden "und dienten daher sehr wohl auch der Erzielung zusätzlicher Einnahmen".
Die Bundesfinanzierungsagentur holt sich über Anleihen billiges Geld, ein Teil davon wird kurzfristig veranlagt. Der durchschnittliche Stand der Veranlagungen stieg laut RH-Bericht von 4,52 Mrd. Euro 2002 auf 15,74 Mrd. Euro 2007. Veranlagt wurde in Taggeldern, Termingeldern und als erstklassig klassifizierten Geldmarktpapieren. Unter diesen so genannten Commercial Papers waren auch jene Risikopapiere, die wegen des hohen Anstiegs bei den Subprime-Risiken der ÖBFA letztlich die nun drohenden Verluste (mit Stand Ende Dezember 2008 380 bis maximal 617 Mio. Euro) bescherten.
2007 - also zu einem Zeitpunkt, als das Risiko sich die Krise auf den US-Hypothekenmärkten bereits voll ausbreitete - sprang der Anteil der Commercial Papers an den Veranlagungen der ÖBFA von im Schnitt der vorangegangenen Jahr rund 40 auf 62 Prozent. Immerhin stieg in diesem auch die Rendite auf 4,1 Prozent, nachdem sie zuvor zwischen 2 und 3 Prozent gelegen war. Die durch den Preisverfall im US-Immobilienmarkt besonders gefährdeten Papiere machten immerhin etwa ein Drittel der Veranlagungen aus. Der RH kritisiert ausdrücklich, dass es in den internen Richtlinien der ÖBFA damals zwar Grenzen für die einzelnen Vertragspartner gab, aber keine anderen Limits. Mittlerweile wurden solche Regeln für stärkere Diversifizierung eingeführt.
Insgesamt haben die kurzfristigen Veranlagungen des Bundes zwischen 1998 und 2008 einen Nettoertrag von 685 Mio. Euro gebracht. Die ÖBFA-Geschäftsführerin Martha Oberndorfer, die erst seit Anfang 2008 im Unternehmen ist, hat in den vergangenen Tagen wiederholt darauf hingewiesen, dass unterm Strich ein Ertrag zu verzeichnen sei, auch wenn die - auf Einmalereignisse im Zuge der außergewöhnlichen Finanzkrise zurückzuführenden - Verluste schlagend würden.