Der ÖGB freut sich über das Urteil im BAWAG-Prozess.
"Wir sind froh darüber, dass die Justiz in erster Instanz nun Gerechtigkeit sprechen konnte", sagt ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer zum BAWAG-Urteil. Das Strafausmaß wird vom ÖGB aber nicht kommentiert: "Darüber zu entscheiden ist die Aufgabe der unabhängigen Gerichte in Österreich", so Hundstorfer. Die sachliche Aufarbeitung dieses komplexen Falles von Wirtschaftskriminalität sei dem Straflandesgericht aber gut gelungen.
Von Anfang an sei der ÖGB an einer lückenlosen Aufklärung in der Causa BAWAG durch die Justiz interessiert gewesen. Das Verfahren sollte vor allem die Wahrheit über die Verluste der BAWAG ans Tageslicht bringen.
ÖGB hätte mehr bekommen können
Für die bis 2001
angelaufenen Verluste der BAWAG stand der ÖGB mit einer Garantie gerade,
durch welche Haftungen schlagend geworden sind, von denen man im ÖGB lange
nichts gewusst hatte. Für die BAWAG hätte der ÖGB weit mehr bekommen können
als vom Verkaufserlös durch den Notverkauf letztendlich geblieben ist, heißt
es in der Pressemitteilung. Ohne sofortige, gleichzeitige
Sanierungsmaßnahmen gäbe es den ÖGB heute nicht mehr.
Hundstorfer spricht von Gerechtigkeit im Ersturteil
"Unsere
1,3 Millionen Mitglieder haben daher das Recht, dass die Verantwortlichen
zur Rechenschaft gezogen werden und der Schaden so weit als möglich wieder
gut gemacht wird", so Hundstorfer am Freitag. Mit dem vorliegenden
Ersturteil wurde zwar strafrechtlich Gerechtigkeit in erster Instanz
gesprochen, dass es dabei bleibt, glaubt Hundstorfer jedoch nicht. "Ich
denke, dass einige Angeklagte in Berufung gehen werden und der Prozess
weiter fortgesetzt wird: Zudem betraf der verhandelte Sachverhalt ja nur die
Verluste der BAWAG bis zum Jahre 2001."
Nowotny ohne Kommentar
Keinen Kommentar abgeben zu den
Schuldsprüchen wollte der frühere BAWAG-PSK-Chef Ewald Nowotny, der die Bank
2006 und 2007 geleitet hatte und ab Anfang September neuer Gouverneur der
Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) nach Klaus Liebscher sein wird. Er
wolle zu den Urteilssprüchen keine Kommentierung abgeben, sagte Nowotny am
Freitag.
Liebscher zöllt Gerichtsentscheidung Respekt
Österreichs
Notenbankchef Klaus Liebscher, der im Frühjahr 2006 als oberster
Krisenmanager die Rettungsaktion für die BAWAG PSK koordinierte, hat die -
nicht rechtskräftigen - Urteile gegen die Beschuldigten im größten
Wirtschaftsprozess Österreichs am Freitag nicht kommentiert. Er äußerte
seinen Respekt vor den Entscheidungen der unabhängigen Gerichte. Den
BAWAG-Skandal wertete er als "singuläres Ereignis", mit "sehr
bedauerlichen Konsequzenzen". Es sei aber kein Fall von Systemrelevanz
für den Finanzplatz gewesen.
"Genützt hat uns 2006 diese Situation nicht in der Reputation", bekannte Liebscher im Klub der Wirtschaftspublizisten. Aber es sei gelungen, in diesen zwei Jahren zweifelsfrei klarzustellen, dass der Finanzplatz Österreich sehr ordentlich geführt werde und sehr stabil sei.
Rasinger: Urteil Beweis für funktionierende Justiz
Mit den
Schuldsprüchen wurde "der Beweis erbracht, dass wir eine funktionierende
Justiz haben, vor allem was den Verlauf des Prozesses und die hohe Kompetenz
des Staatsanwaltes betrifft", betonte der Chef des Interessenverbandes der
Anleger (IAV), Wilhelm Rasinger, am Freitag zur APA. Im Fall BAWAG sei das
Geld der Sparer nicht betroffen gewesen, im Gegensatz zur "Sache Meinl", bei
der es um das "Geld des Kleinen Mannes" gehe. Er hoffe, dass sich die Justiz
dieser Angelegenheit mit der selben Kompetenz widme, wie sie sich der BAWAG
gewidmet habe. Es dürfe nicht mit zweierlei Maß gemessen werden, so Rasinger.
Strache begrüßt Veruteilungen
FPÖ-Bundesparteiobmann
Heinz-Christian Strache (F) begrüßt die Verurteilung aller Angeklagten im
BAWAG-Prozess. Beim BAWAG-Debakel habe es sich um einen der größten Skandale
der Zweiten Republik gehandelt. Alles andere als ein Schuldspruch für Helmut
Elsner, Wolfgang Flöttl und Co. wäre völlig unverständlich gewesen und ein
Affront gegen alle kleinen Sparer, deren Gelder veruntreut worden seien.
Kogler sieht noch viel Aufklärungsbedarf
Der Grüne
Wirtschaftssprecher Werner Kogler sieht nach den Urteilssprüchen weiteren
Klärungsbedarf zu etlichen darin angeschnittenen Themen. "Ich würde mir
wünschen, dass viele weitere Verfahren folgen", sagte Kogler. Das Verfahren
habe nur einen "kleinen Stillleben-Ausschnitt" aus einem "viel breiteren und
umfassenden Gemälde eines Sittenbilds" gezeigt.