Nicht nur die Lufthansa ist an der Austrian interessiert, sondern auch die russische S7. Unterdessen wurde die Privatisierung verschoben.
Der AUA-Verkaufs-Krimi geht in eine zweimonatige Verlängerung. Im ersten Anlauf ist die fristgerechte Veräußerung der Austrian Airlines (AUA) gescheitert, darum musste die Staatsholding ÖIAG die Regierung um Fristerstreckung bis Ende Dezember ersuchen - was diese am Mittwoch beschließen will. Es erfolgt also keine Neuausschreibung, sondern es wird mit der deutschen Lufthansa und der russischen S7 weitergeredet.
Schuldenerlass als Bedingung
Beide Airlines fordern einen
Schuldennachlass, den auch die EU genehmigen muss. Es lägen für die AUA
"schlüssige Konzepte" vor, so ÖIAG-Chef Peter Michaelis am Montag. Die
Angebote enthielten positive Effekte für die Airline, die Belegschaft, den
Standort und den Airport: "Der Privatisierungsauftrag ist erfüllbar." Die
Deutsche Lufthansa hat ihr Angebot für die AUA unterdessen bis Dezember
verlängert. Michaelis wünscht sich eine rasche Entscheidung, da sich die
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht verbessern.
Regierung gewährt 500 Mio Nachlass
Der von den Bewerbern
verlangte Schuldennachlass, über den die ÖIAG mangels gesetzlicher Basis
selbst nicht entscheiden konnte, soll nach dem Willen der Regierung mit 500
Mio. Euro gedeckelt sein. Damit wäre dem Käufer - je nach Rechnung - rund
die Hälfte der AUA-Verbindlichkeiten als Mitgift abgegolten. Ansonsten soll
der Regierungsauftrag für die Privatisierung unverändert bleiben. Es werde
ein Maßnahmenpaket ausgearbeitet, das zur Stabilisierung der AUA beitragen
soll, hieß es heute auf Regierungsebene.
AUA wird EU-Sache
Inwieweit für die AUA in Brüssel neben dem
Schuldennachlass auch wegen einer Geldspritze für den laufenden Betrieb
vorgefühlt wird, blieb am Montag zunächst unklar. Michaelis sagte, welcher
Weg hier vorgeschlagen werde, sei der Regierung zu überlassen, "das können
wir heute nicht beantworten". Im Gespräch steht eine Kapitalerhöhung im
Ausmaß von mehreren hundert Millionen Euro. Die EU-Kommission hat Österreich
am Montag aufgefordert, geplante Rettungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen
für die AUA rasch in Brüssel anzumelden. Geprüft wird, ob sie mit den
EU-Beihilferegeln vereinbar sind.
ÖIAG putzt sich ab
Kritik am Privatisierungsprozedere wollte
ÖIAG-Chef Michaelis am Montag nicht gelten lassen: "Wir haben den Prozess
rechtzeitig aufgesetzt und sehr stark und schnell vorangetrieben", mit den
Informationen sei für alle Bieter gleich umgegangen worden, sagte er zu
Mittag nach einer zweistündigen Sitzung des ÖIAG-Aufsichtsrates vor
Journalisten. Zugleich habe sich das Umfeld "sehr deutlich" verschlechtert.
Ölpreisanstieg, Finanzkrise und rezessive Tendenzen habe man in dem Ausmaß
nicht abschätzen können. In Richtung Stand-alone-Strategie für die
AUA, wie sie lange verfolgt wurde, sei kein politischer Druck
dahintergestanden, sagte ÖIAG-Aufsichtsratschef Peter Mitterbauer. Es habe
einfach früher keinen Privatisierungsbeschluss gegeben. Erst nach dem
Platzen des im Frühjahr geplanten Einstiegs des austro-saudischen Investors
Mohamed Bin Issa Al Jaber, der 150 Mio. Euro einschießen sollte, sei man zur
Ansicht gelangt, dass ein Partner für die AUA gut wäre.
Sparen muss Nachfolger
Zu möglichen Sparmaßnahmen bei der AUA
meinte Michaelis, der auch AR-Vorsitzender der Airline ist: "Wir hoffen,
dass wir die nächsten Wochen so nutzen können, dass wir sehr rasch zu einer
Entscheidung kommen, so dass ein neuer Partner die Maßnahmen setzt." Die
Zukunft von AUA-Chef Alfred Ötsch sei ein Thema des potenziellen neuen
Eigentümers, wie er mit der Gesellschaft in die Zukunft gehen wolle. An
seine Adresse gefragt meinte Michaelis, er hoffe, dass trotz des schwierigen
Umfelds "die richtige Entscheidung über die Ziellinie" gebracht werden könne.
Lufthansa bot 1 Cent/Aktie
Lufthansa wurden zuletzt die besten
Chancen auf einen Zuschlag für die AUA gegeben. Medienberichten zufolge hat
Lufthansa für den 41,6-prozentigen Staatsanteil einen Preis von insgesamt
360.000 Euro geboten - zwar mehr als ein symbolischer Euro, aber auch nur
ein Cent pro Aktie. Den AUA-Streubesitzaktionären will Lufthansa am liebsten
nicht mehr als 4 Euro/Stück zahlen müssen. Aktuell notiert das Papier bei
2,90 Euro, gut 5 Prozent tiefer als am Freitag. Der "Kranich" will die AUA
zudem zur Gänze übernehmen, während der Privatisierungsauftrag den Verbleib
einer Sperrminorität von 25 Prozent und einer Aktie in österreichischen
Händen vorsieht; diese Frage ließe sich aber auch über eine
Stiftungsvariante lösen.
Als "äußerst schmerzhaft" für Privatanleger bezeichnete der Präsident des Interessenverbandes der Anleger (IVA), Wilhelm Rasinger, die Verlängerung des Kaufangebots für Austrian Airlines (AUA) durch die deutsche Lufthansa. Es sei damit zu rechnen, dass der Abfindungspreis für Privatanleger weiter sinken wird.