Die österreichische Wirtschaft wächst im zweiter Quartal weiter - allerdings weniger stark im ersten.
Im Quartalsabstand erhöhte sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,4 Prozent, nach noch 0,6 Prozent im 1. Quartal, und im Jahresabstand verringerte sich das BIP-Plus laut Wifo von 2,7 auf 2,0 Prozent. Die heimische Konjunktur sei nun "im Abschwung", erklärte das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) am Donnerstag. Die deutliche Wachstumsabschwächung gegenüber den Vorquartalen spiegle die Wirkungen des internationalen Konjunkturabschwungs auf Export und Industrieproduktion wider.
Konjunkturaufschwung zu Ende
Der Konjunkturaufschwung, der im
Jahr 2004 eingesetzt habe, sei zu Ende. Die Konsumnachfrage könne sich vor
dem Hintergrund hoher Inflation und rückläufiger Realeinkommen nicht
erholen. Hingegen würden die Bauwirtschaft und der Tourismus die heimische
Konjunktur stabilisieren. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt sei im Vergleich mit
dem Vorjahr noch sehr günstig, allerdings gebe es bereits klare Hinweise auf
eine Trendwende, erklärt Wifo-Experte Markus Marterbauer.
USA als Auslöser
Die internationale Konjunkturabschwächung
sei von den USA ausgegangen und habe sich - verstärkt durch den hohen
Euro-Kurs und den merklichen Anstieg der Verbraucherpreise im Frühsommer -
auch auf den Euro-Raum übertragen, erinnerte Wifo-Experte Markus Marterbauer
am Donnerstag. Nun mache sich die Abschwächung auch in Österreich bemerkbar.
Trendwende
Die Trendwende zeigt sich laut Wifo zuerst in der
exportierenden Industrie. Der Export übertraf den Wert des Vorquartals im 2.
Quartal saisonbereinigt real um 0,9 Prozent, gegenüber dem Vorjahr ein Plus
von 4,6 Prozent (Güterexport +5,4 Prozent). Die Ausfuhr wuchs damit nur noch
halb so rasch wie vor einem Jahr. Verhalten war die Nachfrage aus dem
Euro-Raum, und der Absatz in den USA war wegen der Schwäche der dortigen
Binnennachfrage sogar rückläufig.
In der heimischen Sachgütererzeugung expandierte die reale Wertschöpfung im 2. Quartal saisonbereinigt gegenüber dem Vorquartal um nur noch 0,6 Prozent, deutlich schwächer als in den zwei besonders starken Quartalen zuvor (je +1,5 Prozent). Gegenüber dem Vorjahr ergab sich noch eine Steigerung um 4,9 Prozent.
Der Konjunkturabschwung in der Sachgütererzeugung bestätigt auch der Wifo-Konjunkturtest bestätigt. Die Unternehmen beurteilen ihre Auftragslage nun deutlich ungünstiger, melden einen Rückgang der Kapazitätsauslastung und einen Anstieg der Lagerbestände.
Mehr Ausgaben für Ausrüstung
Im 2. Quartal erhöhten
sich die Ausrüstungsinvestitionen laut der Wifo-Schnellschätzung zum BIP
saisonbereinigt gegenüber dem Vorquartal real um 0,6 Prozent (+5,4 Prozent
gegenüber dem Vorjahr).
Gebremst wird die Konjunktur auch von der hohen Inflationsrate, so das Wifo weiter. Zuletzt habe sich bei Rohstoffen eine leichte Entspannung abgezeichnet: Die Weltmarkt-Rohölnotierungen verringerten sich von einem Höchststand von über 140 Dollar je Barrel auf knapp 120 Dollar. Die Nahrungsmittelpreise gaben auf Verbraucherebene im Juni gegenüber dem Vormonat etwas nach. Dennoch bedeute der starke Preisauftrieb, dass die realen Bruttoeinkommen je Beschäftigten sinken, denn die nominellen Tariflöhne würden im Durchschnitt um nur 3,3 Prozent steigen.
Die schwache Entwicklung der verfügbaren Einkommen schlage auf die Konsumausgaben der privaten Haushalte durch. Im 2. Quartal lagen diese laut Wifo real und saisonbereinigt um 0,3 Prozent über dem Niveau des Vorquartals. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies einen Anstieg von nur noch 0,8 Prozent. Auch die realen Einzelhandelsumsätze erhöhten sich im 1. Halbjahr nur in diesem Ausmaß.
Bau und Toursimus stabilisiert
Hingegen stabilisieren die
Bauwirtschaft und der Tourismus die Konjunktur. Die Wertschöpfung der
Bauwirtschaft war im 2. Quartal real um 0,5 Prozent höher als im Vorquartal
und um 3 Prozenthöher als im Vorjahr. Während die Dynamik der Nachfrage im
Wohnbau eher nachlässt, entwickelt sich der Industrie- und Geschäftsbau sehr
rege, und der Tiefbau expandiert von hohem Niveau ausgehend. Damit ist die
Baukonjunktur in Österreich deutlich stärker als im Durchschnitt der EU, der
durch die Immobilien- und Baukrise in Irland, Spanien und Großbritannien
gedrückt wird.
Der heimische Tourismus meldete einen guten Beginn der Sommersaison, obwohl die Zahl der Nächtigungen im Juni während der Fußball-Europameisterschaft "EURO 2008"- zum Teil auch kalenderbedingt - um 4 Prozent unter dem Wert des Vorjahres lag. Die Tourismuswirtschaft setzte im Mai und Juni insgesamt real um 4,3 Prozent mehr um als im Vorjahr.