Die ÖVP plädiert dafür, dass sich der ORF-Aufsichtsrat selbst nachbesetzt - Die SPÖ lehnt das ab.
Unkonkret blieben die Vertreter von Regierung und Opposition am Donnerstag zum Auftakt der ORF-Parlamentsenquete. Ansagen zu Details des neuen ORF-Gesetzes, das bis 19. Dezember stehen soll, blieben aus. Um diesen Termin einhalten zu könne, sei Eile geboten, so ÖVP Klubobmann Kopf. Er will deswegen das neue ORF-Gesetz in 3-4 Wochen in Begutachtung schicken.
Mehr Österreich im ORF
SPÖ-Medienstaatssekretär Josef
Ostermayer betonte einmal mehr, es müsse eine Refundierung der
Gebührenbefreiungen geben - gekoppelt an die Forderung nach mehr
österreichischem Content und Film im ORF. Mehr österreichisches Programm
wollten auch Vertreter von ÖVP und FPÖ.
Pro Dual: ORF + Private
ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf bekannte
sich in seiner Rede ebenso wie ÖVP-Staatssekretär Reinhold Lopatka, zum
dualen System mit einem "starken, unabhängigen ORF, den wir nicht
infrage stellen wollen" sowie mit "starken und noch zu stärkenden
Privatsendern".
ÖVP: Aufsichtsrat soll sich selbst beschicken
Konkreter
wurde Kopf indes in der Tageszeitung "Der Standard", wo er ein
neues Modell für die Bestellung eines kleineren ORF-Aufsichtsrats
vorstellte. Demnach sollen die laut Kopf zwölf Mitglieder zunächst von der
Politik bestimmt werden, sich in Folge aber jeweils selbst nachbesetzen. Pro
Jahr sollen zwei Aufsichtsräte ausscheiden, die restlichen zehn bestimmen
die Nachfolger mit Zweidrittelmehrheit. Mit diesem Beschickungssystem, das
sich am ÖIAG-Modell orientiert, würde sich die Regierung wohl über Jahre
Macht, Einfluss und Dominanz in den ORF-Aufsichtsgremien sichern.
Neben dem Aufsichtsrat wünscht sich Kopf ein zweites Gremium, das eine Mischung aus dem derzeitigen Stiftungs- und Publikumsrat sein soll und von politischen Institutionen, Bundesländern und gesellschaftlichen Gruppen beschickt werden könnte. Es soll rund 45 Personen umfassen.
SPÖ: Gegen selbst nachbesetzen
Staatssekretär Ostermayer
lehnte das von der ÖVP vorgeschlagene Selbstbeschickungsmodell indes ab: "Grundsätzlich
ist es eine richtige Überlegung, das Gremium des Aufsichtsrates des ORF
kleiner anzudenken. Das vorgeschlagene Prinzip der Beschickung hat sich
jedoch schon bei der ÖIAG nicht bewährt. Lösungen anzudenken, die schon in
der Vergangenheit nicht funktioniert haben, ist nicht zielführend".
Ohne Unterhaltung geht's nicht
SPÖ-Klubobmann Josef Cap bekannte
sich in seinem Statement im Parlament ebenfalls zur Dualität, allerdings
nicht zum Nachteil des ORF: "Private ja - aber nicht den ORF
privatisieren", so Cap. Wenn man den ORF auf einen Verkündigungssender
ohne Unterhaltung reduzieren wolle, dann könne man ihn gleich schließen. Cap
und Ostermayer sprachen sich gegen finanzielle Beschränkungen für den ORF
aus und bekannten sich zur Mischfinanzierung.
Grüne schimpfen Länder
Dieter Brosz, Mediensprecher
der Grünen, lobte die redaktionelle Unabhängigkeit, die der ORF in den
vergangenen zwei Jahren gewonnen habe. Die kritische Berichterstattung mache
auch vor dem eigenen Haus nicht halt. Kritik gab es für Bund und Länder, die
an den Rundfunkgebühren mitkassieren, sowie am parteipolitischen Einfluss in
den ORF-Gremien.
"Zu hohe Personalkosten"
ÖVP-Staatssekretär Reinhold
Lopatka betonte, dass der Bund zwar rund 75 Millionen Euro aus den Gebühren
lukriere, dass diese dem ORF aber in Form von Fernsehfilmförderungsfonds
oder etwa Kunst- und Kulturförderung wieder zu Gute kämen. Er kritisierte
auch, dass der heimische Gebührenzahler im Gegensatz zu anderen Ländern "ordentlich
zur Kasse gebeten" werde. Vom ORF erwarte er sich einen langfristigen
Strukturplan und dass er die "zu hohen Personalkosten in den Griff
bekommt".
FPÖ will mehr Qualität
FPÖ-Mediensprecher Harald
Vilimsky nahm in seinem Statement einmal mehr das Programm von ORF 1 ins
Visier und kritisierte den hohen Anteil an zugekauften internationalen
Serien. "Ein bisschen weniger 'Scrubs', ein bisschen weniger 'Dancing
Stars'", dafür mehr qualitativ wertvolles Programm sei wünschenswert.
BZÖ will ORF1 privatisieren
BZÖ-Mediensprecher Stefan
Petzner wiederholte seine Forderung nach einer Privatisierung von ORF 1. Mit
den Einnahmen daraus solle ORF 2 zu einem "starken
öffentlich-rechtlichen rot-weiß-roten Sender ausgebaut werden".
Demonstration im Regen
Schon vor Beginn der Enquete versammelten
sich vor dem Parlament trotz Nieselregens einige Unterstützer der Initiative "Pro
ORF", um für "Qualität statt Proporz" zu
demonstrierten. Die Initiative forderte nachhaltige Zukunftskonzepte statt "Schrebergarten-Mentalität
und Postenschacher" und sprach sich dabei sowohl für die
Aufrechterhaltung eines umfassenden ORF-Leistungsspektrums aus als auch für
die Einhaltung des Prinzips der Unabhängigkeit.
Klare Fronten unter den anwesenden Medienveranstaltern
Die
Vertreter der öffentlich-rechtlichen Sender machten sich für starke
öffentlich-rechtliche Angebote und die Möglichkeit zur Ausbreitung auf allen
Kanälen und Plattformen stark. Die Proponenten der Privatsender wünschten
sich indes auf ihren Kernauftrag reduzierte öffentlich-rechtliche Anstalten
- mit Beschränkungen im Werbe- und Online-Bereich.