EuGH-Urteil
Preisbindung für dt. Bücher EU-widrig
30.04.2009
Der Europäische Gerichtshof begründet sein Urteil damit, dass der freie Warenverkehr durch die Buchpreisbindung behindert werde.
Die österreichische Regelung über die Buchpreisbindung ist EU-rechtswidrig. Es handelt sich um eine Verletzung der in der EU geltenden Warenverkehrsfreiheit. Der Europäische Gerichtshof teilte am Donnerstag mit, dass "das Verbot für Importeure deutschsprachiger Bücher, einen vom Verleger im Verlagsstaat festgesetzten oder empfohlenen Letztverkaufspreis zu unterschreiten, eine Behinderung des freien Warenverkehrs darstellt, die nicht gerechtfertigt werden kann".
Nach Jahren Erfolg für Libro
Das EuGH-Urteil über die
rechtswidrige österreichische Buchpreisbindung für importierte
deutschsprachige Bücher ist ein Erfolg für die Buchhandelskette Libro im
Streit mit der Wirtschaftskammer. Libro hatte 2006 Bücher zu deutschen
Preisen (19,90 Euro) beworben, die unter den österreichischen
Mindestverkaufspreisen (20,50 Euro) lagen, woraufhin der Fachverband für
Buch- und Medienwirtschaft klagte. Der Oberste Gerichtshof hatte den Fall
schließlich an den EuGH verwiesen.
Kulturelle Gründe gelten nicht
Der Europäische Gerichtshof
widersprach der Ansicht der österreichischen Gerichte, wonach das heimische
System der Preisbindung - selbst wenn es eine Beschränkung des freien
Warenverkehrs darstelle - aus "kulturellen Gründen und zur Erhaltung
der Medienvielfalt gerechtfertigt" sei. Der EuGH betonte dazu, dass "nationale
Bestimmungen, die bestimmte Verkaufsmodalitäten von Erzeugnissen aus anderen
Mitgliedstaaten beschränken oder verbieten, nicht geeignet sind, eine
Behinderung dieses Handels zu begründen, sofern sie für alle betroffenen
Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und
sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus
anderen Mitgliedstaaten in der gleichen Weise berühren".
Ungleich behandelt
Die österreichische Regelung sieht laut EuGH
eine "weniger günstige Behandlung für deutschsprachige Bücher aus
anderen Mitgliedstaaten als für inländische Bücher vor, da sie
österreichische Importeure und ausländische Verleger daran hindert,
Mindestpreise für den Einzelhandel anhand der Merkmale des Einfuhrmarktes
festzulegen, wohingegen es österreichischen Verlegern freisteht, für ihre
Erzeugnisse Mindestpreise für den Letztverkauf auf dem inländischen Markt in
dieser Weise selbst festzulegen. Solche Vorschriften stellen daher eine
Beschränkung des freien Warenverkehrs dar."
Der Gerichtshof weist auch auf den Schutz von Büchern als Kulturgut hin, doch könne dieser Schutz auch "durch für den Importeur weniger beschränkende Maßnahmen erreicht werden, beispielsweise dadurch, dass ihm oder dem ausländischen Verleger erlaubt wird, einen Verkaufspreis für den österreichischen Markt festzusetzen, der den Besonderheiten dieses Marktes Rechnung trägt".
Der EuGH führte an, dass Libro 219 Filialen in Österreich betreibt. 80 Prozent der von Libro vertriebenen Bücher stammten aus dem Ausland.
Für Konsument kaum merkbar
SPÖ-Kulturministerin Claudia
Schmied erklärt das Urteil so: Das Problem bestehe "lediglich darin, dass
für deutschsprachige Bücher aus anderen Mitgliedsstaaten kein eigener
österreichischer Mindestpreis festgelegt werden kann, sondern der
Mindestpreis aus dem Verlagsstaat auch in Österreich angewendet werden
muss", so Schmied. Die daraus resultierenden notwendigen Detailänderungen
würden allerdings nicht den Kern der Buchpreisbindung betreffen.
"Nur kleiner Anpassungsbedarf"
Das Urteil macht auch
nach Ansicht der Wirtschaftskammer Österreich nur "eine minimale
Anpassung der Importregelung der österreichischen Buchpreisbindung notwendig".
Es gebe in Österreich, "wie nicht zuletzt das mit den Stimmen
aller Parteien beschlossene Buchpreisbindungsgesetz zeigt, einen
Grundkonsens, die Medienvielfalt bei Büchern zu fördern und deshalb auch die
Strukturen des Buchhandels zu erhalten", heißt es. Ein
Gesetzesvorschlag soll noch im Mai 2009 in Begutachtung gehen.
"Keine Attacke auf Ladenpreis"
Auch laut Gerhard
Ruiss, Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren, kommt das heutige Urteil "für
niemanden überraschend". Es betreffe "auch nur ein Nebenthema
des festen Ladenpreises" und stelle einen "Nachregelungsbedarf im
Detail" dar. "Es geht hier um eine Verfahrensweise, nicht um eine
Attacke auf den festen Ladenpreis." Die EU habe schon signalisiert,
dass dieser bleibe. In diesem Zusammenhang verwies Ruiss auch auf seine
Forderung nach einer möglichst raschen Einbindung der Hörbücher und E-Books.
"Buchpreisbindung bleibt"
Auch Gerald Schantin,
Präsident des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels nannte es in
einer Aussendung "erfreulich, dass die Buchpreisbindung durch das
Urteil des Europäischen Gerichtshofes generell bestätigt wurde und durch
eine schnelle Korrektur des beanstandeten Paragrafen eine lückenlose
Preisbindung erhalten bleibt".