Die deutschen Wirtschaftsforscher schlagen Alarm. Die Rezession wird voraussichtlich auch bis 2010 anhalten.
Am Donnerstag preschte das Münchener ifo Institut mit der nächsten Hiobsbotschaft vor. Es erwartet eine tiefe Rezession bis 2010. Für kommendes Jahr rechnet das ifo mit einem dramatischen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 2,2 Prozent und damit mit dem schlimmsten Einbruch seit dem Zweiten Weltkrieg.
"Deutschland ist in besonderem Maße abhängig von der Weltkonjunktur. Auch für 2010 können wir leider noch keine Entwarnung geben", sagte ifo-Präsident Hans-Werner Sinn mit Blick darauf, dass die Krise die gesamte Welt erfasst hat. Die deutsche Regierung, Bundesbank und IWF sehen zwar noch nicht ganz so schwarz. Doch wie schlimm es wirklich für den Bürger wird und wie lange die Krise dauert, können die Wenigsten mit Sicherheit sagen.
Prognosen ständig korrigiert
Sorge macht, dass fast
wöchentlich die Prognosen nach unten korrigiert werden. Das
Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) rechnet 2009
mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um zwei Prozent, die
Kollegen vom ifo Institut aus München toppten nun diese Vorhersage noch. "Das
ist eine dramatische Zahl", sagte ifo-Präsident Sinn. Das ifo erwartet
selbst für 2010 ein Schrumpfen der Wirtschaft um 0,2 Prozent. Damit sind die
Forscher erheblich pessimistischer als staatliche Stellen. Die Berliner
Regierung beharrt für 2009 auf einem Mini-Wachstum von 0,2 Prozent. Die
Bundesbank sieht ein Minus von "nur" 0,8 Prozent, ebenso wie der
internationale Währungsfonds (IWF) und die Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Finanzkrise - Wort des Jahres 2008 in Deutschland
"Die
Gewitterfront kommt und es wird heftig regnen", orakelt ifo-Chef Sinn.
Deutschland als Exportnation könne sich nicht von der negativen Entwicklung
abkoppeln - und die zeige eben nach unten. Die Finanzkrise - der Begriff
wurde zum "Wort des Jahres 2008" erkoren - habe den Abschwung zwar
enorm beschleunigt, gekommen wäre er aber so oder so. Doch Forscher und auch
Medien sind nicht nur die Überbringer der schlechten Nachricht. Sie wirken
auch beeinflussend. Wer dauernd von der Krise liest, glaubt schließlich fest
daran, dass es sie gibt. "Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht
dusselig in eine Krise hineinreden", warnt daher der Präsident des
Bundesverbandes deutscher Banken und Commerzbank-Aufsichtsratschef,
Klaus-Peter Müller.
Bankensystem fast kollabiert
Im Zuge der internationalen
Finanzkrise ist das weltweite Bankensystem fast kollabiert. Durch staatliche
Rettungspakete wurde das zwar gerade noch verhindert, der Geldmarkt
funktioniert aber immer noch nicht richtig. Die Folge ist, dass die Banken
auf ihrem Geld sitzen und Unternehmen wie Verbraucher schwieriger an Kredite
kommen. Die Folge ist eine Kettenreaktion: Wo weniger konsumiert und
bestellt wird, wird weniger produziert. Die Unternehmen trennen sich von
Mitarbeitern, die wiederum weniger Geld zur Verfügung haben, weniger
konsumieren und obendrein die staatlichen Kassen belasten. Als erste
Industrie hat dies in den vergangenen Wochen die Automobilindustrie deutlich
zu spüren bekommen. Ein Teufelskreis, der zu einem guten Teil auch von der
Psychologie in Gang gehalten wird.