Österreichs wichtigster Gaslieferant, Russland, hat jegliche Lieferung eingestellt. Nun jagt eine Krisensitzung die nächste.
Der Lieferstopp von russischem Gas trifft Österreich völlig überraschend. Bereits in wenigen Wochen könnten die Gasvorräte zur Neige gehen. Zunächst wurde für den gestrigen Dreikönigs-Feiertag eine Verringerung der Gaslieferungen um 30 bis 40 Prozent angekündigt.
Total-Ausfall
Doch seit Mittwoch früh liefert Russland überhaupt
kein Gas mehr an das Verteillager in Baumgarten an der March in
Niederösterreich. Seit 1970 liegt dort die Drehscheibe für russisches Erdgas
nach Europa. Rund ein Drittel des gesamten westeuropäischen Bedarfes wird
mittels Pipelines über diese Station geleitet. Österreich hat zwar gute
Beziehungen zu Russland. Da Moskau der Ukraine aber vorwirft, Gas aus den
Leitungen unrechtmäßig abzuzapfen, wurden die Lieferungen durch dieses Land
zur Gänze eingestellt.
Schlecht für Leitungen
Der russische Energiekonzern Gazprom
warnt nun auch vor Schäden an den Gaspipelines, sollten die Lieferungen
länger unterbunden werden. Bei diesen eisigen Temperaturen könnte das System
ernsthaften Schaden nehmen. Unter normalen Umständen können die Pipelines in
12 bis 24 Stunden wieder hochgefahren werden.
Alle EU-Länder betroffen
Über Nacht und im Lauf des
Vormittags haben mehrere EU-Mitgliedsländer einen Lieferstopp seitens
Russlands gemeldet. Mittlerweile heißt es aus dem Büro von Energiekommissar
Andris Piebalgs, dass fast alle europäischen Länder kein russisches Gas über
die Ukraine mehr erhalten. Wenn überhaupt, fließt noch Gas über
Weißrussland. Die EU-Kommission hat jetzt eine Beobachtermission
vorgeschlagen, die in der Ukraine die aus Russland ankommenden
Gaslieferungen messen soll.
Slowakei + Kroatien rationieren
In der Slowakei gelten seit
Mittwochfrüh Restriktionen für Großabnehmer. Wer über 633 Megawattstunde
(MWh) Gas abnimmt, muss seinen Gaskonsum auf ein Minimum reduzieren. Die
Versorgung von Haushalten, Schulen und Krankenhäusern bleibt aber stabil. Kroatien
handhabt das Problem ähnlich und kürzt vorerst nur die Versorgung der
Industrie.
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Bedarf im Winter hoch
In den Wintermonaten ist der Bedarf an Gas
besonders hoch. Laut OMV reichen die Vorräte von 1,7 Milliarden Kubikmeter
Gas in Österreich etwa drei Monate – jetzt kommt aber die Super-Kälte, der
Gasverbrauch steigt daher. Die Vorräte reichen daher nur vier bis acht
Wochen – allein von Jänner bis März benötigt Österreich 2,8 Mrd. m³ Gas.
Tägliche Krisensitzungen
Gestern ging darum alles Schlag
auf Schlag:
- Die in Österreich zuständige Energiebehörde E-Control rief für 10 Uhr eine Krisensitzung ein. OMV-Gas-Vorstand Werner Auli: „Wir sind auf diese Situation entsprechend vorbereitet und haben daher zeitgerecht mit dem Zuschalten von Kapazitäten aus den Erdgasspeichern reagiert. Damit ist die Versorgungssituation bis auf Weiteres sichergestellt.“
- Zu Mittag rief dann ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner für heute, 13 Uhr, einen 30-köpfigen Energielenkungsbeirat ein. Dabei geht es zunächst um den Spitzenbedarf der Industrie. Von der E-Control wird ein Bericht erwartet. Der Minister kann auf Basis der Beratungen eine Verordnung mit Maßnahmen erlassen.
- Morgen wollen Russland und die Ukraine die seit Silvester unterbrochenen Verhandlungen zur Beilegung ihres eskalierten Gas-Streits wieder aufnehmen.
Bessere Versorgung
„Die Krise zeigt einmal mehr, wie wichtig die
Liefersicherheit ist. Man müsste eine zweite Lieferoption aufmachen – etwa
mit dem Nabucco-Projekt“, sagt Gas-Experte Johannes Benigni von JBC Energy
zu ÖSTERREICH.
Mit der acht Milliarden Euro teuren Nabucco-Pipeline – die OMV ist dabei federführend – soll die Abhängigkeit Europas von russischem Gas verringert werden. 2013 soll erstmals Gas aus dem Kaspischen Meer über die Türkei, Bulgarien, Rumänien und Ungarn nach Österreich strömen. Bis 2020 könnten dann bis zu 31 Mrd. Kubikmeter Gas pro Jahr durch die 3.300 km lange Röhre transportiert werden.
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