Die Finanzaffäre beim Siemens-Konzern hat möglicherweise größere Ausmaße als bisher bekannt.
Nach Informationen des am Montag erscheinenden deutschen Nachrichtenmagazins "Focus" vermuten die Münchner Ermittlungsbehörden, dass es weltweit um Bestechungsgelder in dreistelliger Millionenhöhe gehen könnte. So hätten Ermittler auf dem Konto eines Managers der Siemens-Landesgesellschaft in Griechenland 40 Millionen Euro gefunden. Kollegen in Österreich hätten zuvor bereits 60 Millionen Euro eingefroren.
Fünf Verdächtige in U-Haft
Neben einem Verfahren in
Italien hatte, wie das Magazin berichtet, eine anonyme Anzeige im November
2005 bei der Staatsanwaltschaft München sowie eine
Geldwäscheverdachtsanzeige der Dresdner Bank in der Schweiz zu den aktuellen
Ermittlungen geführt. In Zusammenhang mit dem italienischen Verfahren sei
die Siemens-Konzernzentrale in München bereits im Juli 2005 durchsucht
worden.
Fünf Verdächtige, darunter ein früherer Siemens-Bereichsvorstand, sitzen in Untersuchungshaft, gegen sieben weitere wird ermittelt. Ihnen wird die Veruntreuung von rund 20 Millionen Euro vorgeworfen.
Möglicherweise wurde das Geld für die Zahlung von Schmiergeldern für Auslandsaufträge eingesetzt. Siemens zog bereits erste Konsequenzen und kündigte am vergangenen Freitag an, die internen Kontrollsysteme auf Lücken zu überprüfen und die Stelle eines Ombudsmanns einzurichten.
Spur nach Österreich
Nach Informationen der "Süddeutschen
Zeitung" führt eine Spur auch nach Österreich, wo zwei geheime Konten
entdeckt worden seien, die ein Münchner Siemens-Manager betreute. Über diese
beiden Konten seien vor allem in den neunziger Jahren hohe Beträge hin- und
hergeschoben worden. Das sei ein Vorläufermodell des in den vergangenen
Jahren praktizierten Geheimsystems gewesen. Durch Österreich soll damals
weit mehr Geld geschleust worden sein als bei dem vor allem in der Schweiz
angewandten Nachfolgemodell in diesem Jahrzehnt, heißt es im Bericht weiter.
Siemens Österreich nicht betroffen
Siemens Österreich ist
von den Ermittlungen übrigens nicht betroffen. Allerdings wurden laut
Informationen der "ZiB1" auch eine Handelsfirma in Wien
durchsucht, die mit Siemens in Geschäftskontakt stehe. Nähere Angaben wurden
allerdings nicht gemacht.
Razzia bei Siemens
Vergangenen Mittwoch hatten im Zusammenhang
mit den Untreuevorwürfen mehr als 270 Polizeibeamte, Staatsanwälte und
Steuerfahnder in einer groß angelegten Razzia die Konzernzentrale in München
und insgesamt rund 30 weitere Siemens-Standorte in Deutschland und
Österreich durchsucht.
Bei den Ermittlungen geht es um Unregelmäßigkeiten in der Siemens-Festnetzsparte Com, die derzeit aufgelöst wird. Laut "Süddeutscher" steht im Zentrum der Ermittlungen der Verdacht, dass der Konzern in großem Stil schwarze Kassen gebildet habe, um Schmiergelder in Millionenhöhe für Auslandsaufträge einzusetzen. Der Zeitung zufolge prüft die Staatsanwaltschaft Siemens-Projekte, unter anderem bei den Olympischen Sommerspielen 2004 in Athen.