600 Kollegen werden demnächst gekündigt - Die Arbeitnehmervertreter schwanken zwischen Drohen und Verhandeln.
Im Arbeitskonflikt um die geplante Kündigung von 600 Mitarbeitern in der Siemens-Softwaresparte SIS überschlagen sich die Ereignisse. SIS-Betriebsratschef Ataollah Samadani droht mit Streik unter Verweis darauf, dass Siemens die Forderung nach Einsetzung eines Expertenteams ignoriert hätte. Zentralbetriebsratsvorsitzender Fritz Hagl und die Unternehmensführung vermelden jetzt die Einsetzung des Teams.
Kündigungen zurücknehmen
Samadani selbst war in die
Verhandlungen zwischen Hagl und Management nicht eingebunden, die
Streikankündigung von Samadani war Hagl nicht bekannt. Das Wort Streik will
er jedenfalls nicht in den Mund nehmen. Samadani wiederum bleibt dabei und
erklärt, dass die Streikdrohung weiter im Raum steht: "Die angekündigten
Abwehrmaßnahmen, die u. a. auch Arbeitsniederlegungen beinhalten können,
werden vorläufig - bis zu einer entsprechenden Vereinbarung für die
Einsetzung der Expertengruppe und dem Verzicht der Firmenleitung auf
Kündigungen - nicht zurückgenommen."
Weitere Verhandlungen
Siemens-Sprecher Harald Stockbauer sieht
eine Lösung. Durch die Einigung mit Hagl sei der Weg für weitere
Verhandlungen geebnet. Für ihn zähle die gemeinsame Einigung mit Hagl und
nicht die Drohungen von Samadani, der nur einen kleinen Teil der Mitarbeiter
vertrete.
Nun sollen mittels Taskforce aus externen Experten und der Betriebsratsköperschaft alle Lösungsvarianten zur Entschärfung der Lage in der SIS erarbeitet werden, um Arbeitslosigkeit möglichst zu vermeiden - Das ließen Generaldirektorin Brigitte Ederer, Vorstand Wolfgang Köppl und Zentralbetriebsratsvorsitzendem Fritz Hagl wissen.
Angedacht sind etwa Management Buy-outs, Teilausgliederungen und -verkäufe, die Vermittlung an IT-Unternehmen sowie "arbeitsmarktpolitische Innovationen". Gespräche über einen Sozialplan werden parallel zu den Aktivitäten der Experten-Taskforce zwischen Management und Betriebsrat weitergeführt.
Nicht genügend Aufträge
Am Montag waren 600
Beschäftigte beim AMS zur Kündigung angemeldet worden. Insgesamt
beschäftigt die Siemens Softwaresparte in Österreich 2.400 Menschen, 800
davon sollen vom Arbeitsplatzverlust bedroht sein. Die heimische
Konzernführung verweist auf fehlende Aufträge.
Jahrelanger Konflikt
Der Konflikt schwelt seit drei Jahren.
Damals hieß das SIS noch PSE und Siemens wollte 200 Mitarbeiter in eine
Tochter auslagern, die dann verkauft werden sollte. Bereits im November 2006
gab es den ersten Warnstreik, Anfang 2007 eine Gesamt-Betriebsversammlung.
Kurz darauf folgte eine Einigung, der Verkauf wurde abgeblasen. Der Friede
hielt eineinhalb Jahre, dann kamen Gerüchte auf, ein größerer Jobabbau stehe
an. Siemens dementierte damals. Es folgten zwei Demonstrationen in Wien,
zuletzt am 23. Juni.
Staatliche Finanzspritzen
Bei dieser Gelegenheit hatte GPA-Chef
Wolfgang Katzian die Münchner Technologiekonzern daran erinnert, dass er ein
großer Auftragnehmer von öffentlichen Aufträgen ist, und daher auch
Solidarität mit dem Standort Österreich erwartet werden könne. Weiters
verwies er auf die staatlichen Konjunkturprogramme aus Steuergeld, von denen
auch Siemens profitieren würde. Kürzlich hatte der Mutterkonzern in München
bekanntgegeben, dass sich das Unternehmen aus den weltweiten
Konjunkturspritzen in den nächsten drei Jahren ein Auftragsvolumen von 15
Mrd. Euro erwartet.