Die Finanzmarktaufsicht hat MEL wegen "Irreführung" bestraft. Die Wiener Börse soll daran beteiligt gewesen sein. Die FMA dementiert.
Ein Strafbescheid der Finanzmarktaufsicht (FMA) gegen die in Wien börsenotierte Meinl European Land (MEL) wegen Marktmanipulation hat am Mittwoch zu einer Schlammschlacht zwischen MEL, der FMA und der Wiener Börse geführt. Die MEL will die Strafe mit Rechtsmitteln bekämpfen und warf der FMA schwere Verfahrensmängel vor. Die MEL behauptete weiters, die Wiener Börse soll an der Irreführung mitgewirkt haben - ein Vorwurf, den sowohl FMA als auch die Wiener Börse aufs Schärfste zurückwiesen.
MEL droht Rauswurf aus Prime Market
In Folge der jüngsten
Turbulenzen droht nun der auf der Kanalinsel Jersey ansässigen MEL der
Rausschmiss aus dem Prime Market: "Die Wiener Börse AG wird auf Grundlage
der aktuellen Sachlage den Verbleib der MEL im Prime Market neu bewerten",
hieß es heute knapp in einer Aussendung der Wiener Börse. Seit 20. August
2007 notieren die MEL-Zertifikate im Prime Market, wo sich die Unternehmen
über die gesetzlichen Bestimmungen des Börsegesetzes hinaus zur Einhaltung
erhöhter Transparenz-, Qualitäts- und Publizitätskriterien verpflichten.
Strafe wegen Irreführung
Die FMA hat wegen Irreführung der
Marktteilnehmer die fünf Vorstände der auf der Kanalinsel ansässigen MEL mit
Geldstrafen von je 20.000 Euro belegt. Unklar blieb, ob auch der im Oktober
ausgeschiedene MEL-Vorstand Wolfgang Lunardon eine Strafe erhielt. Daher
ließ sich die genaue Höhe der Geldstrafe nicht klären, sie liegt aber bei
mindestens 100.000 Euro.
Strafbescheid soll "unhaltbar" sein
Der
FMA-Strafbescheid wurde von der MEL als "unhaltbar" kritisiert. Im
Zusammenhang mit einer Ad-hoc-Aussendung vom 27. Juli zur Ankündigung eines
Aktienrückkaufsprogramms habe die MEL laut FMA "irreführende Signale"
gesetzt. Die FMA habe bemängelt, dass die Marktteilnehmer nicht von einem zu
diesem Zeitpunkt bereits stattgefundenen Zertifikate-Rückkauf informiert
worden seien. Der Sprecher von MEL und Meinl Bank, Herbert Langsner, wies
alle Vorwürfe zurück.
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Die FMA habe der MEL auch vorgeworfen, dass niemand den Unterschied zwischen Aktien und Zertifikaten wisse. Langsner verwies darauf, dass sich die Marktteilnehmer in den Prospekten der MEL davon informieren hätten können, dass an der Wiener Börse nur MEL-Zertifikate und keine Aktien gehandelt werden. Auch die Finanzmarktaufsicht selber sei schließlich in die Vorgänge involviert gewesen, erklärte der Sprecher. Die FMA habe die täglichen Zertifikate-Umsätze prüfen können und habe auch die Prospekte genehmigt.
AdvoFin bereitet Klage vor
Der Prozessfinanzierer AdvoFin, der
eine Sammelklage vorbereitet, sieht für geschädigte Anleger durch den -
nicht rechtskräftigen - Strafbescheid der Finanzmarktaufsicht (FMA) nun eine
günstigere Position: "Anleger haben jetzt bessere Chancen", sagte
AdvoFin-Chef Franz Kallinger. Damit sei von Behördenseite "schuldhaftes
Verhalten" festgestellt worden. Kallinger geht jedenfalls davon aus, dass
die FMA-Strafe auch in den höheren Instanzen bestätigt wird. Anleger, die
sich geschädigt fühlen, könnten sich weiter bei AdvoFin über die
Internetseite "http://www.kursverlust.at" melden.
Reform gefordert
Der Finanzsprecher der Grünen, Bruno Rossmann,
forderte heute eine grundlegende Reform der Finanzmarktaufsicht.
Minus an der Börse
An der Börse wirkten sich die Turbulenzen
heute auch aus: Meinl European Land gingen um 1,90 Prozent tiefer bei 8,25
Euro aus dem Handel. Das Jahreshoch des MEL-Zertifikates lag bei 21,33 Euro.