"Es ist an der Zeit, dass die Energiepreise nicht mehr von der Postleitzahl abhängen", fordert EU-Kommissionspräsident Barroso.
Die Strom- und Gaskonzerne in der EU müssen ihre Übertragungsnetze von Erzeugung und Vertrieb abtrennen, entweder indem sie diese Netze verkaufen oder - die mildere Variante - die Verfügung darüber an unabhängige System Operators abgeben. "Im Strom-und Gasmarkt gibt es in Europa noch immer zu wenig Wettbewerb - die Netzeigentümer begünstigen tendenziell ihren eigenen Konzern -, deshalb müssen die Netze herausgelöst werden", so die Begründung vom EU-Energie-GD-Experten Christof Schoser zu den vorgelegten neuen Energie-Plänen der EU-Kommission.. Bis Anfang 2009 könnten sich Rat und EU-Parlament dazu auf ein Richtlinien-Paket einigen, so Schoser.
Wolle sich ein Energiekonzern nicht vom Übertragungsnetz trennen, müsste er eben umgekehrt Erzeugung und Vertrieb abgeben, so der Experte aus der Brüsseler Generaldirektion Energie. Produktion und Vertrieb dürften aber weiter zusammenbleiben, das sei nie in Diskussion gestanden. Klar sei aber, dass das Netz eine Art natürliches Monopol sei und daher reguliert werden müsse.
"Faire Energiepreise"
EU-Kommissionspräsident Jose
Manuel Barroso erwartet sich davon "faire Energiepreise für Haushalte und
Industrie" sowie einen fairen Marktzugang für alle europäischen
Energieproduzenten. Ob man als europäischer Verbraucher billigen Strom
bekomme oder nicht, hänge derzeit von der Nationalität ab, kritisierte
Barroso: "Es ist an der Zeit, dass die Energiepreise nicht mehr von der
Postleitzahl abhängen."
Airline als Netzbetreiber
Muster für einen unabhängigen
Netzbetreiber (ISO) in Österreich könnte die AGGM Austrian Gas Grid
Management AG aus dem Gasbereich sein - wenn sich dort die OMV von ihren
derzeit 100 Prozent ganz zurückziehen würde, erläuterte Schoser. Doch auch
andere Unternehmen, "etwa die AUA", könnten Netzbetreiber werden.
Preise sollen fallen
Derzeit seien im Strombereich 13 Staaten
entflochten, bei Gas seien es 7. Und es zeige sich, dass die Preise in den
entflochtenen Ländern im Schnitt niedriger seien - also gesunken oder
weniger stark angestiegen seien. Auch wirke sich Unbundling auf das
Investitionsverhalten tendenziell positiv aus. Zudem gebe es keine negativen
Effekte auf Systemstabilität, die Unternehmenswerte oder die
Kreditwürdigkeit.
Beschränkungen für Nicht-EU-Unternehmen
Barroso hat die
geplanten Investitionsbeschränkungen für Energiekonzerne von außerhalb der
EU erteidigt. Diese Firmen sollen europäische Strom- und Gasnetze nur dann
übernehmen dürfen, wenn ein entsprechendes Abkommen der EU mit dem
Herkunftsland des Konzerns geschlossen wird. "Hier geht es um Fairness,
um den Schutz des fairen Wettbewerbs. Fairer Wettbewerb ist etwas anders als
Protektionismus", so Barroso zu mittag bei einer Pressekonferenz in
Brüssel.
"Keine Abschottung"
Barroso versicherte, dass es der
EU nicht um die Abschottung ihres Energiemarktes gehe, sondern um die
Sicherung der Offenheit der europäischen Märkte. Dafür müsse man den
nichteuropäischen Wettbewerbern allerdings "harte Bedingungen"
auferlegen, "um sicher zu stellen, dass wir alle nach den selben Regeln
arbeiten", so der Kommissionspräsident. Den Namen des russischen
Energieriesen Gazprom nannte er nicht ausdrücklich.