Die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn ist beschlossen. Die Schätzungen über den möglichen Erlös liegen zwischen vier und acht Mrd. Euro.
Die Deutsche Bahn wird teilweise privatisiert. Das deutsche Bundeskabinett beschloss am Mittwoch, die Transportsparten des letzten großen Staatsunternehmens zu knapp einem Viertel privaten Investoren zu öffnen, wie Regierungskreise am Vormittag mitteilten. Damit machte die deutsche Bundesregierung sich einen Beschluss des Koalitionsausschusses vom Montag zu eigen. Netz und Stationen der Bahn AG sollen zu 100 Prozent in Bundeshand bleiben.
Der Deutsche Bundestag soll bis zur Sommerpause eine entsprechende Entschließung verabschieden, was angesichts der Mehrheit der Großen Koalition als sicher gilt. Die Bahn AG kann damit noch in diesem Jahr an die Börse gehen.
Vier bis acht Mrd. Euro
Die Angaben über den möglichen Erlös
schwanken zwischen vier und acht Mrd. Euro. Ein Drittel soll in den
Bundeshaushalt fließen, ein weiteres das Eigenkapital der Bahn erhöhen, und
mit dem dritten soll eine Innovations- und Investitionsoffensive für den
Schienenverkehr gestartet werden.
Dazu werden in dem Unternehmen derzeit die Weichen gestellt. Voraussichtlich Mitte Mai sollen Aufsichtsrat und Hauptversammlung die Unternehmensstruktur so ändern, dass unterhalb der Holding "Deutsche Bahn AG", die zu 100 Prozent in Bundesbesitz bleibt, eine Subholding geschaffen wird. Sie hat zurzeit den Arbeitstitel "Verkehrs- und Logistik AG (VuLAG)" und wird zu 24,9 Prozent privaten Investoren geöffnet. Unter ihr sind die Transportsparten versammelt, also Personenfern- und -nahverkehr, Güterverkehr und Logistik.
Anteil noch umstritten
In der Koalition ist die Höhe des zu
privatisierenden Anteils umstritten. Während die SPD die 24,9 Prozent als
nicht zu überschreitende "rote Linie" ansieht, will die Union eine
Privatisierung bis 49,9 Prozent erreichen. In dem Eckpunktepapier wird diese
Frage daher offen gelassen, und die Union stimmte ihm mit der Floskel "ein
erster Einstieg" zu. So ist eine weitere Privatisierung erst nach einem
Ausscheiden der Sozialdemokraten aus der Regierungsverantwortung möglich.
Der Bahn selbst reicht der Beschluss der Koalition vorerst. Ihr Chef Hartmut Mehdorn betonte, zunächst müsse nicht über eine Ausweitung diskutiert werden.
Kritik der Opposition
Kritisch wird der Beschluss von der
Opposition gesehen. Die Linke will überhaupt keinen Verkauf von
Bahn-Anteilen, die Grünen sehen die grundgesetzlich vorgeschriebene
Daseinsvorsorge des Staates in Gefahr. Der FDP dagegen geht der Schritt der
deutschen Bundesregierung nicht weit genug.
Innerhalb der Regierungsparteien gibt es ebenfalls Vorbehalte, die aber durch Nebenabreden über die Verwendung der Erlöse für nationale Investitionen auf der einen Seite sowie durch das Offenlassen weiterer Privatisierungsschritte auf der anderen Seite zumindest vorläufig besänftigt wurden.
Die Bundesländer sind ebenfalls nicht voll zufrieden mit dem Beschluss. Sie sehen die Zukunft der Infrastruktur im ländlichen Raum gefährdet. Einige Ministerpräsidenten befürworten einen Gesetzentwurf, der für den Schienennahverkehr verbindliche Mindeststandards der Infrastruktur vorschreibt. Bisher ist aber offen, ob es dafür eine Mehrheit im Bundesrat gibt.