Es ist ein Diebstahl riesigen Ausmaßes: Die Daten von 17 Millionen Bürgern wurden gestohlen. Jetzt entschuldigte sich Obermann.
Die Deutsche Telekom wird vom bisher größten Datendiebstahl in Deutschland erschüttert. Wie der Konzern am Wochenende bestätigte, sind bereits im Jahr 2006 Datensätze von rund 17 Millionen Mobilfunkkunden entwendet worden. Das entspricht etwa der Hälfte aller Handyverträge, die T-Mobile damals hatte. Das Unternehmen schaltete umgehend die Staatsanwaltschaft ein, wurde aber nunmehr von Recherchen des "Spiegels" überrascht, wonach die Daten noch immer in kriminellen Kreisen zirkulieren.
Telekom-Sprecher Stephan Broszio versicherte am Sonntag, es gebe jedoch keinerlei Hinweise darauf, dass sie tatsächlich zum Verkauf gelangt seien. Die gestohlenen Daten umfassten nach Angaben des Konzerns Name, Anschrift und Mobilfunknummer der betroffenen Kunden, zum Teil auch Geburtsdaten und in wenigen Fällen die E-Mail-Adresse.
Jauch und Kerkeling betroffen
Laut "Spiegel" sind neben
Prominenten aus Kultur und Gesellschaft wie Hape Kerkeling und Günther Jauch
"auch eine erstaunliche Anzahl geheimer Nummern und Privatadressen von
bekannten Politikern, Ministern, Ex-Bundespräsidenten, Wirtschaftsführern,
Milliardären und Glaubensvertretern" betroffen. Das Bundesinnenministerium
bestätigte, es habe das Bundeskriminalamt beauftragt, Gefährdungsanalysen
dieser Politiker und Wirtschaftsführer zu erstellen, nachdem es von der
Telekom über die Erkenntnisse des "Spiegels" informiert worden sei.
Obermann entschuldigt sich
Telekom-Chef Rene Obermann
entschuldigte sich bei den Kunden des Unternehmens für den "sehr ärgerlichen
Vorfall" und wies darauf hin, dass die Sicherheitsvorkehrungen danach weiter
verschärft wurden. Der Konzern richtete unter der Telefonnummer 0800 330
034505 eine Hotline für Fragen seiner Kunden zu dem Datenskandal ein. Diese
könnten auf Wunsch auch kostenlos ihre Mobilfunknummer ändern lassen, heiß
es.
Der Konzernchef, der damals noch selbst der Mobilfunksparte T-Mobile vorstand, bestätigte der "Bild am Sonntag", das Unternehmen sei vor zweieinhalb Jahren von einem Vertriebspartner informiert worden, dass ihm Daten angeboten wurden. Daraufhin habe die Telekom sofort Untersuchungen eingeleitet und Anzeige erstattet. Die Behörden hätten dann auch bei Durchsuchungen Datenträger sichergestellt.
Die ermittelnde Bonner Staatsanwaltschaft bestätigte, dass seit der Anzeige vor zwei Jahren diverse Daten bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmt wurden. Ihr Sprecher Fred Apostel sprach von konkreten Ermittlungen gegen Personen, die die Daten angeboten haben, seines Wissens aber noch nicht gegen die Datendiebe selbst. Nach den Worten von Telekom-Sprecher Broszio hat sich der Konzern von zwei Mitarbeitern getrennt. Ein konkreter Zusammenhang mit dem Datendiebstahl habe aber nicht nachgewiesen werden können.
"Keine Abnehmer"
"Nach unseren Erkenntnissen hatte man
2006 die Daten zwar angeboten, aber keinen Abnehmer gefunden", sagte
Obermann in dem Interview und betonte: "Schadensfälle sind uns nicht
bekannt". Fachleute hätten während der Ermittlungen den Markt lange Zeit
beobachtet und keinen Hinweis auf noch in Umlauf befindliche Daten bekommen.
Obermann räumte aber ein, dass der Konzern von den jetzt bei den
"Spiegel"-Recherchen wiederaufgetauchten Daten überrascht wurde.
T-Mobile-Geschäftsführer Philipp Humm erklärte in Bonn: "Dass dieser Fall aus 2006 uns erneut beschäftigt, trifft uns sehr." Die Täter seien mit erheblicher krimineller Energie vorgegangen. Der deutsche Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sowie die Oppositionsparteien FDP, Grüne und Linke forderten gesetzliche Konsequenzen aus dem Skandal und vor allem ein schärferes Datenschutzrecht.