Die tschechische Regierung will vom Vertrag mit dem Wiener Rüstungsproduzenten Steyr-Daimler-Puch Spezialfahrzeuge zur Lieferung von 199 "Pandur"-Radpanzern zurücktreten.
Die österreichische Firma habe die vereinbarten Liefertermine nicht eingehalten, darüber hinaus hätten die bereits gelieferten Radpanzer die vorgesehenen Tests nicht bestanden, erläuterte Verteidigungsministerin Vlasta Parkanova am Dienstag die Entscheidung. Eine Stellungnahme von Steyr war nicht zu erhalten.
Gespräche in Prag
Der iWiener Panzer-Produzent
Steyr-Daimler-Puch Spezialfahrzeuge (SSF) will sich mit dem Verlust des
Großauftrags der tschechischen Armee im Wert von 800 Mio. Euro nicht einfach
so abfinden. Am Donnerstag um 14 Uhr werde es dazu ein Gespräch im
Verteidigungsministerium in Prag geben, erklärte ein Steyr-Sprecher am
Mittwoch. Ob es bei dem Gespräch auch Schützenhilfe von der österreichischen
Regierung geben wird, wollte der Sprecher nicht kommentieren.
Bartenstein: Storno nicht zur Kenntnis zu nehmen
Die Abbestellung
der Pandur-Radpanzer durch Tschechien ist nach Meinung von
Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) noch nicht besiegelt. "Das
offensichtliche Auftragsstorno ist nicht zur Kenntnis zu nehmen", erklärte
er auf Anfrage der APA. Er bedauere die Ankündigung Tschechiens, die
Fahrzeuge abbestellen zu wollen. Wie das Unternehmen sei er jedoch "der
Ansicht, dass noch Gespräche mit Tschechien zu führen sind", so Bartenstein
am Rande einer Indien-Reise.
Vertrag war hart umkämpft
Steyr hatte Anfang 2006 den lange
umkämpften Großauftrag der tschechischen Armee zur Lieferung von 199
Radpanzern "Pandur II" erhalten. Darüber hinaus wurde eine Option
zur Bestellung weiterer 35 Panzerfahrzeuge vereinbart. Es handelte sich um
den größten Auftrag in der Geschichte der tschechischen Armee. Steyr hatte
sich bei der Ausschreibung gegen den finnischen Konkurrenten Patria Vehicles
durchgesetzt. Den Vertrag hatte 2006 der damalige Verteidigungsminister
Karel Kühnl unterzeichnet. Der Vertrag war heftig von der nun regierenden
konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) des Premiers Mirek Topolanek
kritisiert worden. Die Regierung in Prag habe die Kündigung des Vertrages
mit Steyr Spezialfahrzeuge einstimmig beschlossen, heißt es.
Auch Strafen sind zu zahlen
"Die Regierung wurde über die
Tatsache informiert, dass der Vertrag nicht ordentlich erfüllt wird",
sagte Parkanova laut tschechischen Medienberichten. Tschechien werde die
vereinbarten Vertragsstrafen geltend machen.
Liefertermin nicht eingehalten
Etwa ein Viertel der bisher
gelieferten Panzerfahrzeuge hätte die vorgesehenen Tests nicht bestanden, es
habe eine Reihe von Problemen gegeben, erklärte die Ministerin. Außerdem
habe Steyr die vereinbarten Liefertermine nicht eingehalten. Laut
Kaufvertrag hätte Steyr Spezialfahrzeuge die ersten 17 Radpanzer bis Ende
November liefern sollen. Dies sei aber nicht geschehen, so dass seit 1.
Dezember die Pönale-Frist laufe.
Halbes Jahr Verspätung
Steyr hatte laut Parkanova
angeboten, eine verbesserte Version der Radpanzer bis März 2008 zu liefern,
also mit einer Verspätung von einem halben Jahr. "Falls wir darauf
eingegangen wären, hätten wir immer wieder Zugeständnisse machen müssen",
sagte die Ministerin.
Wieder Auftrag an Patria verloren
Steyr-Daimler-Puch
Spezialfahrzeuge (SSF) mit Sitz in Wien-Simmering sind eine
100-Prozent-Tochter des US-Konzerns General Dynamics. SSF unterlag Ende 2006
bereits bei der Ausschreibung um einen Großauftrag aus Slowenien im Wert von
knapp 280 Mio. Euro der finnischen Patria. Im August dieses Jahres gingen
die Österreicher in Kroatien neuerlich leer aus - wieder hatten die Finnen
die Nase vorne.