Hundstorfer-Vorstoß
Überstunden-Abbau soll Jobs schaffen
13.08.2009
Durch eine Verringerung der Arbeitszeit könnten 84.000 neue Arbeitsplätze entstehen.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer (S) möchte mit dem Abbau von Überstunden Jobs schaffen und die Arbeitslosigkeit verringern. Die Österreicher arbeiten im EU-Vergleich mit 42,9 Wochenstunden am längsten. Könnte man die durchschnittliche Arbeitszeit auf die in Dänemark üblichen 39,1 Stunden verringern, würden 84.000 neue Jobs entstehen, rechnete der Minister am Donnerstag vor.
Überstunden machen krank
Unabhängig von den Überlegungen
zum Arbeitsmarkt machen Überstunden krank, warnte IFES-Experte Georg
Michenthaler unter Berufung auf einen erstmals veröffentlichten, im Auftrag
der oberösterreichischen Arbeiterkammer erstellten
Arbeitsgesundheitsmonitor. Drei Viertel aller Berufstätigen mit Überstunden
würden gerne weniger lange arbeiten. Abgefragte Beschwerden kommen bei
Menschen mit Überstunden häufiger vor.
"Kein Plädoyer für 35-Stunden-Woche"
Hundstorfer
könnte sich eine zehnprozentige Verringerung der Arbeitslosigkeit oder die
Reduktion auf 600.000 Menschen mit Überstunden vorstellen.
Selbstverständlich müsse man in diesem Zusammenhang die steuerliche
Besserstellung von Überstunden hinterfragen. Gesetzlich will er "die
Grenzen für zulässige Überstunden neu gestalten" und
Ausnahmen zur Höchstarbeitszeit von 48 Stunden überdenken, freie
Dienstnehmer in das Arbeitszeitgesetz einbeziehen und die Strafen bei der
Manipulation von Zeiterfassungssystemen verdoppeln. Ausdrücklich ist seine
Initiative "kein Plädoyer für eine 35-Stunden-Woche".
8,5 Stunden pro Woche
Ein Viertel der unselbstständig
Beschäftigten, 730.000 Menschen, leisteten im ersten Quartal 2009
Überstunden, und zwar im Schnitt je 8,5 Stunden pro Woche. Würde man alle
geleisteten Überstunden (307 Mio. Stunden für das ganze Jahr) in
Vollzeitbeschäftigungen (180.000) umrechnen, gäbe es in Österreich keine
Arbeitslosigkeit mehr, so Hundstorfer, der gleichzeitig darauf hinwies, dass
dies nur rechnerische Größen seien.
Überstunden oft unbezahlt
Realistisch werde es immer
Überstunden geben, und beim Abbau derselben sei mit einem Produktionsgewinn
zu rechnen, sodass nur ein Drittel der verringerten Überstunden wieder
beschäftigungswirksam werden. Ein großes Problem sei aber, dass ein Viertel
der Überstunden nicht bezahlt wird - ein Problem, dem nicht mit Gesetzen
beizukommen sei.
WKÖ dagegen
Der Vorschlag des Sozialministers stößt bei
Gewerkschaften, Arbeiterkammer, Grünen und SPÖ auf große Zustimmung. Die
Wirtschaftskammer (WKÖ) weist ihn hingegen als "kontraproduktiv" zurück.
Ohne die Chance auf Überstunden wäre die Flexibilität und
Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe eingeengt. Die Schaffung von 80.000
Arbeitsplätzen durch die Reduzierung der Arbeitszeit auf das dänische Niveau
sei eine "Milchmädchenrechnung", meint Martin Gleitsmann, Leiter der
Sozialpolitischen Abteilung der WKÖ.