Die erste Hürde ist genommen: Der US-Senat gibt grünes Licht für das 700-Mrd-Dollar-Hilfspaket. Nun ist das Repräsentantenhaus am Zug.
Das gigantische US-Rettungspaket für den krisengeschüttelten Finanzsektor hat eine erste parlamentarische Hürde genommen. Der Senat in Washington stimmte dem 700 Milliarden Dollar (497 Mrd. Euro) schweren Programm am Mittwochabend zu, das vor wenigen Tagen im Repräsentantenhaus hingegen dramatisch gescheitert war. 74 Senatoren unterstützten das Paket, 25 votierten dagegen. Von den 100 Senatoren war lediglich Edward Kennedy krankheitsbedingt nicht anwesend. Die zweite Parlamentskammer - das Repräsentantenhaus - wird sich voraussichtlich am Freitag (Ortszeit) erneut mit dem Gesetzentwurf befassen. Wie die Chancen für eine Mehrheit dort stehen, war zunächst unklar.
Neuer Entwurf
Für den Senat war das Programm leicht verändert
worden. Unter anderem sieht der neue Entwurf neben Hilfen für Banken auch
einen verbesserten Schutz für private Anleger mit Einlagen bis zu 250.000
Dollar vor. Zusätzlich wurden Steuererleichterungen in Höhe von insgesamt
100 Milliarden Dollar für Unternehmen und dem Mittelstand in das Programm
aufgenommen. Entgegen ersten Vorschläge sieht das Programm eine
parlamentarische Aufsicht vor. Zudem sollten Manager von Banken, denen
geholfen wird, keine großzügigen Abfertigungen erhalten. Auch ist
vorgesehen, dass der Staat nach der Rettung einer Bank später an den
Gewinnen beteiligt werden kann.
"Historische" Sitzung
Auch die
Präsidentschaftskandidaten beider großer Parteien, der Demokrat Barack Obama
und der Republikaner John McCain, nahmen an der als historisch gewerteten
Sitzung teil. Obama sagte kurz vor dem Votum, das Paket sei "das, was
wir jetzt tun müssen, um zu verhindern, dass die Krise zu einer Katastrophe
wird". Auch McCain sprach sich für den Rettungsplan aus.
Der Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, äußerte sich überzeugt, dass die ergänzten Maßnahmen nun auch die zweite und bedeutend größere Kammer passiert. "Ich erwarte, dass das Repräsentantenhaus sich umgehend anschließt", sagte er.
Bush zufrieden
US-Präsident George W. Bush lobte die Zustimmung
im Senat über die Parteigrenzen hinweg und betonte, das Paket garantiere die
finanzielle Sicherheit der US-Bürger. "Das amerikanische Volk
erwartet - und unsere Wirtschaft erfordert dies -, dass das
Repräsentantenhaus dieses gute Gesetz noch in dieser Woche verabschiedet und
mir zur Unterzeichnung übermittelt", mahnte er. Kommentatoren in
US-Medien meinten aber, im Repräsentantenhaus sei eine Mehrheit wesentlich
schwieriger zu erreichen als im Senat.
Finanzminister Henry Paulson sagte, die Zustimmung des Senats gebe "das klare Signal, dass wir bereitstehen, die US-Wirtschaft zu schützen." Das Paket stelle sicher, "dass die Amerikaner die Kredite erhalten, die sie brauchen, um Arbeitsplätze zu schaffen und die Geschäfte am Laufen zu halten".
Repräsentantenhaus sagte Nein
Das Repräsentantenhaus hatte
das Paket am Montag abgelehnt, was zu dramatischen Kursstürzen führte und
weltweit auf Unverständnis und Kritik gestoßen war. Viele Abgeordnete
stimmten am Montag mit Nein, weil sie an der Basis unter Druck der Wähler
geraten waren, die derart massive Hilfen des Staates und damit letztlich des
Steuerzahlers für Finanzhäuser der Wall Street ablehnen.
Unmittelbar nach dem Senats-Votum verlor der Dollar am Donnerstag im fernöstlichen Devisenhandel gegenüber dem Euro. Einen Teil der Verluste konnte die US-Währung im weiteren Handel aber wieder wettmachen. Ein Euro wurde mit 1,3968 Dollar bewertet. Auch zum Yen gab der Dollar an und wurde mit 105,81 Yen gehandelt. Der Schweizer Franken notierte zum Euro mit 1,5740 und zum Dollar mit 1,1262. Händler sagten, der Markt sei nervös, weil niemand wisse, ob auch das Repräsentantenhaus dem Hilfspaket zustimmen werde.
Atomvertrag mit Indien durchgewunken
Nach dem
US-Repräsentantenhaus hat nun auch der Senat den umstrittenen Atomvertrag
mit Indien gebilligt. Für das Abkommen stimmten am Mittwoch 86 Senatoren, 13
votierten dagegen. Der Vertrag mit Indien sieht vor, dass die USA nach mehr
als 30 Jahren Boykott wieder Handel mit nuklearen Brennstoffen und
Nukleartechnologie mit Indien treiben dürfen. Allerdings dürfen die
gehandelten Produkte nur für zivile Zwecke genutzt werden.
Seit 1974, als die Regierung in Neu Delhi erstmals einen Atomwaffentest vorgenommen hatte, ist der Handel mit atomaren Materialien und atomarer Technologie mit Indien verboten. Dem nun ausgehandelten Abkommen zwischen Washington und Neu Delhi zur Wiederaufnahme der Lieferungen hatte auch schon die Gruppe der Nuklearen Lieferländer (NSG) zugestimmt.