Böhler mit neuem Aufsichtsrat, neuem Bilanzstichtag und weniger Dividende. Die Kauf-Finanzierung via Anleihen ist noch nicht fixiert.
Infolge der Übernahme des börsennotierten Edelstahlkonzerns Böhler-Uddeholm durch den Stahlriesen voestalpine wurden auf der außerordentlichen Hauptversammlung der Böhler-Uddeholm AG am Donnerstag in Wien einige grundlegende Änderungen beschlossen: Der Aufsichtsrat wurde von zehn auf sechs Mitglieder zusammengestutzt und neu beschickt. Den dividendenverwöhnten Böhler-Kleinaktionären bläst nun ein kälterer Wind ins Gesicht: "Sie sollten nicht von einer Fortsetzung der Dividendenpolitik ausgehen", sagte der neue Hausherr, Voest-Chef Wolfgang Eder. Die bei Böhler bis dato übliche Ausschüttungsquote von über 40 Prozent wird voraussichtlich auf das voestalpine-Niveau von 30 Prozent abgesenkt. Einzig die Anleihen-Finanzierung des Böhler-Kaufs durch die voest ist noch nicht fixiert
Eder ist Aufsichtsratschef, Streicher sein Vize
voestalpine-Chef Wolfgang Eder wurde zum Vorsitzenden und Rudolf Streicher
zum stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Böhler-Uddeholm AG
gewählt. Eder, der Vorstandschef der voestalpine AG, ist bereits seit
Mai 2006 im Aufsichtsrat der Böhler-Uddeholm AG vertreten. Rudolf Streicher
wurde im Mai 1997 erstmalig in das Kontrollgremium gewählt und war seit
September 1999 dessen Vorsitzender. Sein bisheriger Stellvertreter,
Ex-Städtische-Chef Siegfried Sellitsch, räumt den Sessel für Streicher.
Aus dem Aufsichtsrat ausgeschieden sind die Eigentümer des früheren Böhler-Kernaktionärs BU Industrieholding - Rudolf Fries, Ernst Hable, Walter Scherb - sowie Sellitsch. Die Anzahl der Kapitalvertreter im Aufsichtsrat von Böhler-Uddeholm bleibt somit unverändert bei sechs Mitgliedern. In den Aufsichtsrat der Böhler-Uddeholm AG sind in der heutigen außerordentlichen Hauptversammlung Franz Hirschmanner, Josef Mülner, Robert Ottel und Wolfgang Spreitzer (allesamt Mitglieder des Vorstands der voestalpine AG) gewählt worden.
Fahrplan für Anleihen unklar
Wann genau die voestalpine das
Geld für den Böhler-Deal (bisher rund 2,9 Mrd. Euro) aufbringen wird, ist
angesichts der angespannten Finanzmärkte nach wie vor unklar. Wie berichtet,
wollte die voestalpine zur teilweisen Finanzierung des Deals eigentlich
jetzt im September bereits zwei Anleihen im Volumen von 1 bis 1,5 Mrd. Euro
am Markt platziert haben. "Derzeit finanzieren wir die Übernahme durch einen
sogenannten Bridge Loan, der heuer im Frühjahr vereinbart wurde und uns bis
November 2008 zur Verfügung steht", sagte Eder. Diese
Überbrückungsfinanzierung habe ein Volumen von rund 3 Mrd. Euro.
Letztlich will die Voest den Kaufpreis für Böhler-Uddeholm via zwei Anleihen im Volumen von 1 bis 1,5 Mrd. Euro aufbringen. Die Restfinanzierung werde über Kredit erfolgen. "Das Gearing der voestalpine wird selbst in der Anfangsphase der Finanzierung unter 100 Prozent liegen und wir sollten binnen drei Jahren in der Lage sein, es auf unter 50 Prozent zu reduzieren, also die Übernahme relativ rasch verdauen", ist der Voest-Chef zuversichtlich.
Im Hinblick auf eine allfällige weitere Aufstockung des Anteils an der Böhler-Uddeholm in Richtung 100 Prozent sieht Eder "nicht den geringsten Handlungsdruck". Der komplette Erwerb sei zwar das endgültige Ziel der voestalpine, "aber mit dem derzeitigen Anteil von knapp 80 Prozent können wir durchaus noch längere Zeit problemlos leben".
Name bleibt bestehen
Böhler-Uddeholm werde in seiner Gesamtheit
zu einem Kernbestandteil der voestalpine gemacht - mit allen ihren vier
Divisionen. Der Name "Böhler-Uddeholm" werde bestehenbleiben, in Zukunft
werde aber auch immer auf die Zugehörigkeit zur voestalpine hingewiesen
werden. Der Integrationsprozess, der bereits unmittelbar nach der
Mehrheitsübernahme von 15 paritätisch zusammengesetzten Fachteams begonnen
worden sei, komme sehr gut voran, berichtete Eder. Das Erreichen des
angekündigten Synergiepotenzials von jährlich zumindest 65 Mio. Euro in
Bereichen wie Rohstoffeinkauf, IT, Logistik und F&E erscheine bereits aus
heutiger Sicht "gut abgesichert".
Das Wirtschaftsjahr wird künftig vom 1. April bis 31. März laufen statt wie bisher vom 1. Jänner bis 31. Dezember. Auch diese Umstellung soll auf der Hauptversammlung beschlossen werden.