Die Bestellung von Claudia Bandion-Ortner zur Justizministerin dürfte die Urteilsausfertigung in der BAWAG-Causa verzögern.
Auch die allfälligen Rechtsmittelverfahren vor dem Obersten Gerichtshof (OGH) werden damit verzögert. Damit rechnet jedenfalls Wolfgang Schubert, der Anwalt des ehemaligen BAWAG-Generaldirektors Helmut Elsner, den ein Schöffensenat unter Vorsitz von Bandion-Ortner im vergangenen Juli wegen Untreue, schweren Betrugs und Bilanzfälschung zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt hatte.
Bandion-Ortner will Prozess selbst abschließen
Die künftige
Justizministerin sieht das allerdings anders. Sie kündigte am Montag eine
korrekte Übergabe ihres Richteramtes an. Die schriftliche Ausfertigung des
Urteils im von ihr geleiteten BAWAG-Prozess werde sie vor ihrer Angelobung
noch selbst fertigstellen, betonte Bandion-Ortner. "Ich habe daher diese
Woche noch harte Arbeit vor mir."
Schubert glaubt nicht an Fertigstellung
Die BAWAG-Richterin hatte
in den vergangenen Monaten die über Elsner, seinen Nachfolger Johann
Zwettler, weitere Ex-BAWAG-Vorstandsmitglieder, den
Ex-Aufsichtsratspräsidenten Günter Weninger, den Bankprüfer Roland Reiter
sowie den Spekulanten Wolfgang Flöttel verhängten Urteile in schriftliche
Form gegossen und diktiert. Zuletzt hieß es, die schriftlichen Urteile
würden bis Jahresende vorliegen. "Selbst bei einer noch so hohen
Diktatdisziplin kann ich mir nicht vorstellen, dass Bandion-Ortner das jetzt
bis zu ihrer Angelobung schaffen wird", meinte Schubert.
Mehrere Schriftführerinnen
Im Wiener Straflandesgericht
zeigte man sich demgegenüber zuversichtlich, dass es Bandion-Ortner gelingen
wird, ihre Arbeit am BAWAG-Akt bis zu ihrem Amtsantritt als Ministerin
abzuschließen. "Sie wird versuchen, das fertigzustellen. Sie wird Tag und
Nacht daran arbeiten. Seitens des Gerichts wurde alles unternommen, um sie
dabei tatkräftig zu unterstützen", meinte Gerichtssprecher Christian Gneist.
Man habe etwa Schriftführerinnen abgestellt, die in den kommenden Tagen
ausschließlich Bandion-Ortner zur Verfügung stehen.
"Hudeln Fehl am Platze"
Der Elsner-Verteidiger spricht
dennoch von einem "problematischen Zustand". Hudeln sei bei einer derart
bedeutsamen Causa fehl am Platze. "Es ist ja nicht damit getan, dass ich ein
Urteil diktiere. Dieses muss auch Korrektur gelesen und auf allfällig
Unstimmigkeiten geprüft werden", gab Schubert zu bedenken.
Beisitzerin soll einspringen
Rechtsstaatliche Bedenken hat der
Anwalt aber keine, sollte Bandion-Ortner an ihrem Vorhaben, die Urteile bis
zur kommenden Woche vorlegen zu können, scheitern. "Dann muss eben ihre
Beisitzerin einspringen", verwies Schubert auf eine kaiserliche Verordnung
aus dem Jahre 1915. Diese sieht vor, dass bei dauerhafter Verhinderung des
Vorsitzenden eines Richtergremiums das Abfassen des Urteils einem
beisitzenden Richter obliegt.
Auf die Frage, ob die Bestellung von Bandion-Ortner negative Folgen für Helmut Elsner haben könnte, erwiderte Schubert: "Ich gehe davon aus, dass der Justizapparat weiter funktionieren wird."